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Februar 2011
22.02.2011 Meldungen
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Propaganda-Bots Botnetz-Baukästen

 
Diese Personas sind dabei nicht nur einzelne Nutzer mit einem anonymen Mail-Account und einem anonymisierten Internetzugang, sondern ausgefeilte Komplettlösungen mit dazugehörigen Identitäten in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, eigenen Blogs und simulierter Interaktivität untereinander und mit anderen - realen - Nutzern. Feinheiten, wie unauffällige statische und dynamische IP-Nummern und "echte" Mail-Accounts gehören ebenfalls zum Konzept von HB Gary.... Ein solches Konzept erlaubt es beispielsweise dem Kunden, ein ganzes Heer von virtuellen Identitäten zentral zu steuern, sie in Foren, Blogs und sozialen Netzwerken interagieren zu lassen und so den Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine ganze Schar von Nutzern, die eine bestimmte Meinung vertreten. (1)
 

Wie man solche Personas dann richtig etablieren könnte, skizzierte Barr ein einem kleinen "Nebenprojekt". Er wollte mit einer Persona die Low Orbit Ion Canon - das Tool, das in der Operation Payback zum Einsatz kam - manipulieren und verteilen. Eine zweite sollte diese trojanisierte Version dann "finden" und anprangern. Damit wä¤re zwar die erste Persona verbrannt, aber der vorgebliche Finder hätte in der Szene Renommé sammeln können. (3)
 

11-02-43 
Manche Leuten, die immer wieder in der Öffentlichkeit auftreten, hinterlassen den faden Eindruck, als wäre ihr Sprach-, Denk- und intellektuelles Verarbeitungsvermögen eingeschränkt oder auf eine Meinungsschablone optimiert. Dieser Eindruck könnte jetzt neue Nahrung bekommen.

Seit es frei zugängliche Informationssammlungen wie die Wikipedia, die Möglichkeit zur Kommentierung von Texten im Internet, Blogs und Diskussionsforen gibt, gibt es auch gedungene Agitatoren, die Texte umschreiben, Gegenmeinungen und Falschinformationen verbreiten. Man nennt das auch Öffentlichkeitsarbeit und politische Einflussnahme auf Online-Diskussionen (1). Gute Leute in dem Geschäft müssen aufwändige Vorarbeiten leisten, um eine verdeckte Identität für soziale Netze zu entwickeln, ohne als bezahlte Charaktermaske vorschnell aufzufliegen. Mit einer Vielzahl solcher "Sockenpuppen" lassen sich Diskussionen beeinflussen, beherrschen und Meinung machen. Ganz lecker wäre es, wenn man gleich digitale Zombies zur Meinungsmache einsetzt.

Das meinte wohl auch Aaron Barr, der im Zusammenhang mit dem jüngsten Anonymous-Hack bekannt gewordene Chef der Firma HBGary Federal (2), und hat ein Konzept entwickelt, um ganze Armeen virtueller Meinungsmacher in sozialen Netzen einzusetzen und zentral zu verwalten.

Die Lehre daraus: Achten Sie bei Ihrem nächsten virtuellen Gesprächspartner auf die intellektuelle Bandbreite und Lernfähigkeit. Es könnte sich ja um einen Zombie handeln.
 

11-02-44 
Schon vor einem Monat hat Symantec vor dem Auftreten neuer Malware-Baukästen gewarnt (4). Das bestätigt Damballa, ein anderes Sicherheitsunternehmen: Exploit-Packs und Trojaner-Baukästen seien verstärkt im Umlauf. Mit diesen Baukästen können sich Kriminelle ihre Angriffswerkzeuge und Schädlinge ohne Programmierkenntnisse auf einfache Weise zusammenklicken. Die Preise der Baukästen variieren zwischen 100 und 1000 US-Dollar (5).

Als Folge davon hätten sich die Botnetze in 2010 weltweit um das Siebenfache vergrößert.

Trojaner-Baukästen florierten bereits 2007. Sie verloren schnell an Bedeutung, weil ihre Werkzeuge zum Missbrauch von Schwachstellen (Exploits) und zur Tarnung (Rootkits) schnell erkannt und ihnen begegnet werden konnte. Sie waren seinerzeit Stangenware und konnten mit professioneller Malware nicht mithalten. Das macht Hoffnung.

Ob die neuen Baukästen ebenso schnell wieder verschwinden, bleibt abzuwarten.

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Jan Oliver Löfken:
War's der Wind? Zeit online 06.11.2006
Wie funktionieren Deutschlands Leitungen? Technology Review 06.11.2006
Strom auf neuen Wegen, Technology Review 30.08.2006
Im Netz wird es eng, Zeit online 10.11.2006
 

11-02-45 
Schon 2006 ist mir Jan Oliver Löfken im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung über die massiven Stromausfälle im November 2006 aufgefallen, die unter anderen Überschriften von Wissenschaft aktuell per Newsletter verteilt worden waren (siehe Kasten links) und verschiedenen Quellen entstammen.

Am 18.02.2011 hat Google einen neuen Aufsatz von Löfken archiviert, der sich mit Europas Stromnetz der Zukunft befasst (6). Es soll bis 2050 entstehen und nicht nur Europa, sondern auch Nordafrika und den Mittleren Osten umfassen. Dadurch können erneuerbare Energien, vor allem Solarenergie aus den südlichen Regionen eingespeist werden, die im Norden sonst nicht zur Verfügung stehen.

Die größten Probleme machen dabei nicht der Aufbau des Netzes als solches, sondern der verlustfreie Transport und die Zwischenspeicher, die bei Tage gefüllt werden, wenn Strom im Übermaß produziert wird, und die Energie nächtens oder im Winter wieder abgeben, wenn die Nachfrage größer ist als die Produktion. Dass Elektroautos als Zwischenspeicher diskutiert werden, wusste ich vorher nicht.

Eine spannende Lektüre, die nur am Rande mit der Informationstechnik zu tun hat.
 

 

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(1) Jens Berger, Aufrüsten im Kampf um die virtuelle Meinungshoheit im Netz, Telepolis 22.02.2011

(2) IT-Söldner im Kampfeinsatz, 15.02.2011

(3) Security-Firma entwirft Tools zur Meinungsmache mit Kunstfiguren, Heise online 20.02.2011

(4) neue Toolkits, 22.01.2011

(5) Schädlingsbaukästen befeuern Botnetzepidemie, Heise online 17.02.2011

(6)  Jan Oliver Löfken, Europas Stromnetz der Zukunft, Wissenschaft aktuell (spätestens) 18.02.2011
 


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© Dieter Kochheim, 11.03.2018