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März 2012
24.03.2012 Skimming
zurück zum Verweis BGH zum Skimming

 

Update:
Wenn die Kartendaten an verschiedenen Geldautomaten und an verschiedenen Tagen ausgespäht werden, dann besteht grundsätzlich Tatmehrheit. Das gilt jedenfalls dann, wenn die gefälschten Karten zeitnah zum Cashing eingesetzt wurden.
 
BGH, Urteil vom 07.03.2012 - 1 StR 656/11
 

01.03.2012 Garantiefunktion: ja. Täterschaft beim Cashing: nein.

Eigentlich ist es ein alter Hut: Auch Debit-Karten, zum Beispiel solche mit Maestro-Label, sind Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne von § 152b Abs. 4 StGB, weil sich die Karten ausgebende Bank gegenüber dem "dritten" Akzeptanten zu einer garantierten Zahlung verpflichtet, sobald von ihrem Rechenzentrum der Genehmigungscode "0" gesendet wurde. Die höchste Rechtsprechung hat das bislang kommentarlos hingenommen.

Meine Position habe ich aus der Rechtsprechung abgeleitet, die zu anderen Fragen entstanden war:
Dieter Kochheim, Skimming #3.03, Januar 2012, S. 30 (Garantiefunktion).

Der BGH hat jetzt sein Schweigen gebrochen und meine Auffassung bestätigt,
BGH, Beschluss vom 13.10.2011 - 3 StR 239/11, Rn 3 (veröffentlicht am 29.02.2012):

Die Maestro-Karte ist 2002 an die Stelle der Euroscheck-Karte getreten. Für letztere war bis dahin anerkannt, dass es sich um eine Zahlungskarte im Sinne des § 152a Abs. 1, 4 StGB aF (Zahlungskarte mit Garantiefunktion) handelte. Für die Maestro-Karte gilt nichts anderes. Es handelt sich um eine Karte, die im "Drei-Partner-System" eingesetzt wird, also auch gegenüber anderen als dem Aussteller der Karte benutzt werden kann. Es besteht die Möglichkeit, mit der Karte den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen: Nutzt der Karteninhaber die Karte am Geldautomaten einer dritten Bank, so ist die kartenausgebende Bank verpflichtet, den abgehobenen Betrag an die Betreiberin des Geldautomaten zu erstatten (...). Solche Karten sollten nach dem Willen des Gesetzgebers von § 152b Abs. 4 StGB erfasst werden (...). Dass es möglich ist, die Karte auch auf eine Weise zu nutzen, in der eine Zahlung von der ausgebenden Bank nicht garantiert wird, ist unerheblich (...).

Dabei geht es um die Strafbarkeit der Skimmer, die die PIN und Kartendaten ausgespäht und miteinander verknüpft und dann den Fälschern und Cashern zugeliefert hatten <Rn 7>. Nach 2 Tagen begann das Cashing und der BGH sieht in dieser Entscheidung die Skimmer als Gehilfen zum Fälschen und Gebrauchen in einem einmaligen Fall an. Mit anderen Worten: Ungeachtet der Anzahl der Unterstützungshandlungen der Skimmer für die ausführenden Täter stellt sich für die Skimmer das Cashing als einheitlich und unbeeinflussbare Einheit dar, an der sie sich mit einer Tat, aber eben nur als Gehilfen beteiligen.

Dass in arbeitsteiligen Skimmingbanden der Versuch des Fälschens bereits bei der Datenübermittlung an die Fälscher und Casher beginnen kann, bleibt in dieser Entscheidung unerwähnt. Denn die Skimmer können durch ihre Beteiligung am Versuch auch normalen Volltätern und dadurch zu den Beteiligten einer Verbrechensabrede werden:

Versuch der Fälschung, 21.02.2011;
BGH, Urteil vom 27.01.2011 - 4 StR 338/10.
Wegen der Verbrechensabrede: Skimming im engeren Sinne, 09.10.2011;
BGH, Beschluss vom 11.08.2011 - 2 StR 91/11.

Das ist der Grund dafür, dass ich glaube, dass über die Frage der Beteiligung der Skimmer am Fälschen und am Cashing noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Wenn sich die Skimmer mit der Übergabe der ausgespähten Daten am Versuch des Fälschens beteiligen, wenn sie also wissen, dass die Fälscher sozusagen "Gewehr bei Fuß" stehen und sofort mit dem Fälschen beginnen wollen, dann kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Ausspähens, sondern auf den der Übergabe und des Fälschens an. Genau bei dieser Frage lässt die neue Entscheidung die gebotene Erörterungstiefe vermissen.
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018