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Dezember 2008
25.12.2008 Beweisantrag
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Fristsetzung für Beweisanträge
 
BGH, Beschluss vom 23.09.2008 - 1 StR 484/08:
Aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens folgt die Befugnis, den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen zu setzen. § 246 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen. (1)
 
BGH, Beschluss vom 09.05.2007 - 1 StR 32/07, Rn 15:
Die Voraussetzungen im Übrigen sind:
Die verlangte Beweiserhebung kann nichts Sachdienliches zugunsten des Antragstellers erbringen; darüber hinaus muss sie geeignet sein, den Abschluss des Verfahrens wesentlich hinauszuzögern. In subjektiver Hinsicht muss sich der Antragsteller der Nutzlosigkeit der Beweiserhebung bewusst sein und mit dem Antrag ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses bezwecken. (2)


 
Das Gericht ist zur umfassenden Sachaufklärung verpflichtet ( § 244 Abs. 2 StPO).

§ 244 Abs. 3 StPO benennt die Gründe, die von ihm dazu herangezogen werden dürfen, um einen Beweisantrag abzulehnen:

Unzulässigkeit; z.B. Befragung eines Beteiligten unter dem Einsatz berauschender Mittel oder eines Lügendetektors.
 
Offenkundigkeit; eine Tatsache bedarf keines Beweises: Wasser ist nass.
 
ohne Bedeutung; die Lackfarbe eines unfallbeteiligten Autos hat keine Auswirkung auf die Frage nach der Unfallflucht des Angeklagten.
 
bereits erwiesen; keine doppelte Beweiserhebung, wenn eine Tatsache zweifelsfrei ist.
 
Ungeeignetheit; ein Mitpatient ist kein Fachmann für die Frage nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten.
 
Unerreichbarkeit; z.B. unbekannter und nicht ermittelbare Aufenthalt, gesperrte Schriftstücke ( § 96 StPO).
 
Prozessverschleppung; der Antrag dient verfahrensfremden Zwecken und soll die Hauptverhandlung verzögern.
 
Behandlung als wahr; zugunsten des Angeklagten wird eine Behauptung ohne Beweiserhebung als wahr unterstellt.
 

 
Zu den Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Beweisantrag wegen Prozessverschleppung abgelehnt werden kann, hat der BGH mehrfach geäußert, dass das Gericht Fristen für die Vorbringen setzen darf und diese Anordnung zu protokollieren ist. Werden Beweisanträge erst später gestellt, so muss der Antragsteller die Gründe dafür plausibel machen. Gelingt ihm das nicht, so kann das Gericht auf eine Prozessverschleppung schließen, wenn es nicht bei unsicherer Beweislage zur Sachaufklärung verpflichtet ist.

Die Verspätung alleine reicht hingegen nicht. Hinzu kommen muss, dass das Beweisthema nichts Sachdienliches zugunsten des Antragstellers erbringen kann und dass die Beweiserhebung den Verfahrensabschluss wesentlich verzögern würde. Ob es sich tatsächlich um eine wesentliche Verzögerung handeln muss, stellen beide zitierten Entscheidungen in Frage, ohne eine abschließende Entscheidung zu treffen.
 

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(1) BGH, Beschluss vom 23.09.2008 - 1 StR 484/08, hrr-strafrecht.de

(2) BGH, Beschluss vom 09.05.2007 - 1 StR 32/07, hrr-strafrecht.de

 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018