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Oktober 2010
24.10.2010 Rechtsprechung
     
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Der bei der Tat über 20 Jahre alte Angeklagte hat nach dem Hauptschulabschluss den Beruf eines Metallbearbeiters erlernt, den er seither erfolgreich (monatliches Nettogehalt zuletzt zwischen 1.800 und 1.900 €) ausübt. Dementsprechend geht die Jugendkammer davon aus, dass der Angeklagte "in der beruflichen Entwicklung einem Erwachsenen gleichsteht". Dennoch wendet sie Jugendstrafrecht an.
(1) Begründet ist dies an erster Stelle damit, dass der Angeklagte noch bei seinen Eltern lebt und keine eigene Familie hat. Hiergegen bestehen Bedenken. Heranwachsende mit eigener Familie sind seltene Ausnahmen. Nach dem Maßstab der Jugendkammer hätten fast alle Heranwachsenden Reifedefizite.
(2) Weiter stützt die Jugendkammer ihr Ergebnis darauf, dass der Angeklagte zeitweise eine Förderschule besucht hatte. Selbst wenn dies auf früher vorhandene Defizite hinweisen mag, liegt nahe, dass diese inzwischen behoben sind, wenn sie sich nicht mehr erkennbar auswirken.
(3) Letztlich hebt die Jugendkammer noch darauf ab, dass der Angeklagte von seinem Einkommen gerne Kleidung ("Klamotten") einkauft, Diskotheken besucht und sich oft mit Computerspielen beschäftigt. Auch dabei handelt es sich schwerlich um Hinweise auf "Auffälligkeiten in der geistigen und sittlichen Entwicklung" (...), sondern, soweit überhaupt auf diesen Kreis beschränkt, eher um typische Verhaltensweisen jüngerer Menschen.
(1)
 

10-10-17 
Heranwachsende sind solche jungen Erwachsenen, die zur Tatzeit zwar schon 18, aber noch keine 21 Jahre alt waren ( § 1 Abs. 2 JGG). Auf sie wird das (mildere) Jugendstrafrecht angewendet, in ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstanden oder eine typische Jugendverfehlung begangen ( § 105 Abs. 1 JGG). Fadenscheinige Argumente dafür gibt es genug und sei es, dass der Angeklagte als Baby vom Wickeltisch gefallen ist. Mit solchen unsinnigen Begründungen geht der BGH jetzt zu Gericht [siehe links; (1)].
 

10-10-18 
Dass der Angeklagte - für den Senat nicht nachvollziehbar - hinsichtlich der in seinem Wohnzimmer sichergestellten 10 kg Amphetamin nicht wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge bzw. wegen unerlaubten Besitzes an dieser Rauschgiftmenge verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht. (3)

Stimmt.
  

gefährlicher Chat hierarchische Vereinigung

10-10-19 
Am Tatabend suchten die Täter einen Chatroom im Internet auf, meldeten sich unter einem Frauennamen an und suchten einen Mann, den sie an einen günstigen Ort locken wollten, um ihm mit Gewalt das Geld abzunehmen. Als Lockvogel diente ihnen die Freundin eines der Täter. Es gelang ihnen, einen Chat-Partner zu einem nächtlichen Treffen am Busbahnhof Viersen zu veranlassen, wo die Frau auf ihn wartete und ihn in den nahe gelegenen Stadtpark führte. Plangemäß wurde er dort von den Tätern überfallen. Einer von ihnen brachte ihn durch einen Faustschlag zu Boden und beide Täter traten und schlugen sodann auf ihn ein. Der andere Täter hielt dem Opfer eine Machete an den Hals. Unter der wiederholten Drohung, ihm Körperteile abzuschneiden, forderten beide Täter die Herausgabe von Geldbörse, Armbanduhr und Mobiltelefon. Das Opfer übergab den Geldbeutel und die Uhr ... (2)

Das muss man nicht kommentieren.
 

10-10-20 
Die marxistisch-leninistisch orientierte, hierarchisch und zentralistisch aufgebaute Gruppierung DHKP-C verfolgt das Ziel, durch "bewaffneten Kampf" einen Umsturz der politischen Verhältnisse in der Türkei herbeizuführen und dort eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten. (4)

Für kriminelle oder terroristische Vereinigungen hat der BGH in der Vergangenheit verlangt, dass sie eine horizontale Struktur haben und keine herausgehobenen Führungsfiguren (5) und sich breit mit der Frage des Willens der Gesamtheit der Vereinigung auseinander gesetzt (6). Damit setzt sich der BGH jetzt nicht mehr auseinander.

Der Angeklagte arbeitete seit 2003 rund 6 Jahre lang mit dem Bundesnachrichtendienst zusammen, was seine Strafbarkeit nicht hindert (7). Somit bleibt nur die bange Frage, warum man ihn dann noch jahrelang gewähren ließ?
 

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(1) BGH, Beschluss vom 13.09.2010 - 1 StR 423/10, Rn 14 bis 17

(2) BGH, Urteil vom 02.09.2010 - 3 StR 273/10, Rn 4
 

 
(3) BGH, Beschluss vom 08.09.2010 - 2 StR 407/10, Rn 4

(4) BGH, Beschluss vom 16.09.2010 - AK 12/10, Rn 5

(5) Die Vereinigung, 2007

(6) Gesamtwille, ebenda

(7) (3), Rn 10
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018