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Februar 2011
05.02.2011 Leben
     
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11-02-11 
Unter der türkischen Besetzung hatten die Kapetanos auf Kreta eine besondere Rolle. Sie waren so etwas wie Bürgermeister, Respektspersonen und Unterhändler gegenüber den türkischen Herrschern. Im Friesischen kennt man das auch und nennt die Repräsentanten Häuptlinge. Ich möchte über einen besonderen Kapitän berichten, einen für kretische Verhältnisse stattlichen Kater.

Heraklion ist die größte Stadt auf Kreta, quirlig und staubig (dreckig). Rund 35 km weiter im Osten an der Nordküste der Insel liegt das Dorf Malia. Das Beste, was es dort vor 20 Jahren gab, waren die kleinen, in einfachen Gewächshäusern gezogenen Bananen. Stellen Sie sich eine handelsübliche Banane vor und verkleinern sie auf ein Fünftel ihrer Größe, ohne den Geschmack zu verringern. Toll!

Malia habe ich gute 10 Jahre später wiedergesehen und das Dorf war völlig verkorkst. Viele Jahre Intensiv-Tourismus haben nicht nur zu den allgegenwärtigen und in Malia extremen Bausünden geführt, sondern auch zu besonderen Verkehrsschildern: Kein Alkohol unter freiem Himmel und schon gar nicht auf die Straße kotzen!

Wir, zwei Eltern und ein spät jugendlicher Sohn, machten Urlaub in Sissi, noch einmal rund 5 km weiter im Osten, um Ostern herum und es war furchtbar nasskalt. Nach ein paar Tagen wurde es aprilig wärmer.

Noch weiter in Richtung Osten wurde eine Küstenstraße gebaut, die wir begehen konnten, indem wir gelegentlich große Felsbrocken, Baumaschinen und großräumige Pfützen umgingen.

Am Ende gelangten wir nach noch einmal 5 km nach Milatos. Das ist falsch. Zu Milatos gehört ein an der Küste angesiedelter Dorfableger, der Paralia Milatou genannt wird. Dort spielt die Geschichte, die ich erzählen will.
 

 
 Das Zentrum von Paralia Milatou ist ein Platz, dessen Nordseite das Meer bildet, der ein bißchen Garten hat - Park wäre übertrieben, in der Mitte eine Sechs-Personen-Kapelle hat, ansonsten asphaltierte Fläche und Bebauung drumherum. Was nicht fehlen darf und auch nicht fehlt, ist ein Cafeneon an der Westseite des Platzes.

Dort saßen wir und ein halbes Dutzend Anwohner. Nach einiger Zeit fuhr mit seinem Pritschenwagen der Fischhändler vor. Schon damals war Fisch rar und teuer. Der Händler zog zwei Stiegen von der Ladefläche und stellte sie leicht angeschrägt nahe der Mauer am Kai ab. In ihnen befand sich übersichtlich angeordnet der zum Kauf angebotene  Fisch.

Dem Fischhändler war es aber besonders wichtig, im Cafeneon zu sein, das große Wort zu führen und einen Kaffee zu trinken.

 Kapetano, unsere Hauptperson, hatte alles im Blick und im Griff. Gemächlichen Schrittes näherte er sich von der Kapelle kommend der Kaimauer. Nur ein wenig abgesetzt standen zwei Autos, die eine gute Tarnung boten. Kaum hatte er das erste unterquert, riefen alle Einheimischen dem Fischhändler zu, dass der Kater auf dem Weg zum toten Fisch ist. Der musste aber weiter das große Wort führen.

Nachdem Kapetano auch das zweite Auto unterquert hatte, überwand er die restliche Strecke von rund 10 m bis zu den beiden Stiegen hurtig und keineswegs hektisch. Das Publikum johlte angesichts des Unabwendbaren. Bei den Fischen angekommen, ließ Kapetano den kritischen Kunden heraushängen, wühlte etwas in den Steigen herum und suchte sich das prachtvollste Exemplar heraus. Das Publikum rief einheitlich "Bravo!".

Auch jetzt verfiel Kapetano nicht in Hektik. Mit dem großen Fisch quer in der Schnauze ging er allenfalls hurtig zu seinem sicheren Platz hinter der Kapelle. Dem selbstgerechten Fischhändler blieb nichts anderes übrig, als verkniffen gute Mine zum für ihn schlechten Spiel zu machen - samt dem verdienten Spott: "Bravo! Kapetano!"
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018