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November 2008 |
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Kursmanipulation |
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Zunächst investiert der Täter, indem er ein Aktienpaket mit Penny-Stocks erwirbt und vom Ausland aus in ein Aktiendepot in Deutschland stellt (Grafik rechts, blau unterlegt). Danach startet er eine groß angelegte Aktion in den USA, bei der er die Aktiendepots von Bankkunden missbraucht. Die einlagernden Wertpapiere verkauft der Täter und erwirbt dafür genau die Penny-Stocks, die er vorher selber eingekauft hat (Grafik links, hellgrün unterlegt). Je mehr Depots er auf diese Weise missbraucht, desto höher steigt der Kurs der Aktien und damit auch der Kurswert seines Depots. Sobald der Einkauf der Aktien den Grad der Marktsättigung erreicht und der Kurs den höchstmöglichen Stand erreicht hat, verkauft der Täter seinen eigenen Wertpapierbestand - an eines der von ihm missbrauchten USA-Depots und mit höchsten Gewinn. Diesen streicht er ein, indem er das eigene Depot in Deutschland auflöst. In den USA verlieren die manipulierten Depots darauf ganz erheblich an Wert. Die meisten dürften dann auf fast Null gefahren sein (insbesondere dann, wenn der Täter im Aktienhandel auch aus den Depots mit großen Beständen, die er zu Beginn seiner Aktion angelegt hat, Verkäufe zulässt). Dieses Beispiel zeigt die fatale Folge davon, dass im Bereich der
Cybercrime die Täter zwar international agieren, die Rechtsordnungen
jedoch an den nationalstaatlichen Grenzen enden. |
Die Manipulationen in den USA wären nach deutschem Recht als Computerbetrug ( § 263a StGB) und Fälschung beweiserheblicher Daten ( § 269 StGB) strafbar. Der Handlungsort und alle anderen eine örtliche Zuständigkeit begründenden Umstände sind im Ausland angesiedelt, so dass die Strafverfolgung in Deutschland nicht zulässig ist. Die Wertsteigerung des Aktiendepots in Deutschlang begründet keinen Erfolgsort im Sinne von § 7 Abs. 1 StPO. Das liegt daran, dass die Strafvorschrift über den Betrug ( § 263 StGB) und ihr folgend für den Computerbetrug ( § 263a StGB) nach einer Stoffgleichheit zwischen den Vermögensschäden, die durch die Manipulationen in den USA entstanden sind, und dem Vermögenszuwachs, den er erlangt hat, verlangen. Daran fehlt es aus zwei Gründen. Der Wertverlust in den USA tritt erst ein, nachdem der Täter seinen Aktienbestand verkauft hat und er weitere Kursmanipulationen in den USA unterlässt. Die Stoffgleichheit verlangt hingegen, dass ein Vermögensnachteil auf der einen Seite unmittelbar zu einem Vermögensvorteil auf der anderen Seite führt. Außerdem erfolgt die Wertsteigerung im deutschen Depot nicht dadurch,
dass Zahlungen eingehen, sondern dadurch, dass der Tauschwert an der
Börse gestiegen ist. Der Wertzuwachs gründet also auf einem
Tauschmechanismus, auf den der Täter zwar mittelbar (durch immer neue
Kaufnachfragen) Einfluss genommen hat, den er aber nicht unmittelbar
beeinflusst hat. Somit fehlt es an der Stoffgleichheit. |
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Cyberfahnder | ||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |