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März 2009
31.03.2009 kriminelle Links
     
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Twister meckert 'mal wieder (1). Dieses Mal gegen das LG Karlsruhe mit seiner auswärtigen Strafkammer in Pforzheim. Die hat entschieden (2), dass ein Anfangsverdacht gegen einen Homepagebetreiber besteht, der Links setzt, über die in mehreren Schritten kinderpornographische Bilder erreicht werden können. Und das ist ganz böse, weil damit die Freiheit im Internet ein für alle Mal in Frage gestellt ist.

Twister, ich verlange keine juristische Grundausbildung für sie (3), wohl aber von ihnen die Einhaltung der auch für Journalisten geltenden Regel, Quellen in ihrer Vollständigkeit zu würdigen.

Fangen wir vorne an: Es handelt sich um einen Beschluss ( §§ 304 ff. StPO) und nicht um ein Urteil ( § 260 StPO). Dieser Beschluss verweist auf die netzartige Struktur des Internets und stellt fest, dass jeder einzelne Link im Sinne der conditio-sine-qua-non-Klausel (4) kausal für die Verbreitung krimineller Inhalte sein kann. An dieser Aussage ist nichts falsch. Aber das Gericht geht weiter, indem es konsequent § 7 Abs. 1 TMG für Inhaltsanbieter geltend danach fragt, ob sich der Linksetzer die strafbaren Inhalte auch zu Eigen gemacht hat.

Seit der breiten öffentlichen Wahrnehmung des Disclaimer-Urteils vom Landgericht Hamburg (5) gockelt die Gemeinde herum und meint, sich mit Lippenbekenntnissen der Art, "Ich weiß ja gar nicht, was ich anrichte" (Disclaimer) aus jeder Verantwortung zu stehlen.
 

 
Dabei hat das LG Hamburg nur gesagt, dass derjenige, der ganz gezielt niedermachende und beleidigende Quellen im Internet zu bestimmten Personen zusammenstellt, sich ab einer im Einzelfall zu beurteilenden Menge die misswertenden Urteile zu Eigen macht und zwar so, als ob er sie selber aussprechen würde.

Auch daran ist nichts falsch. "Ich sag's ja nicht, aber der, der, der und der sagen, du bist ein Schwein". Ganz objektiv; das sagen die anderen und der, der das konzentriert protokolliert, ist um keinen Grad besser.

Das zivilrechtliche Urteil des Landgerichts Hamburg hat in der Gemeinde kreative Allgemeinplätze (ich bin blöd und gar nicht verantwortlich für das, was ich veröffentliche) und Disclaimer-Roboter entstehen lassen, die Standardtexte zur vermeintlichen Entlastung produziert haben. Humbug (siehe mein Impressum).

Dieselbe Legende provoziert Twister jetzt. Das Landgericht Karlsruhe/Pforzheim tituliert keine Allverantwortlichkeit für Links, sondern fragt sehr sensibel danach, was der Linksetzer mit seiner Äußerung bezwecken will. Es kommt zu dem Ergebnis, dass dieser Mensch, um den es geht, scheinheilig agiert und alles andere als aufklärerische und menschenfreundliche Ziele verfolgt. Es könnte sein, dass "Die Ärzte" dafür die Hintergrundmusik geschrieben haben (6).
 

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(1) Bettina Winsemann, Hier steht nichts mehr, Telepolis 30.03.2009

(2) LG Karlsruhe - auswärtige Strafkammer, Sitz Pforzheim, Beschluss vom 23.03.2009 - Qs 45/09

(3) ... obwohl sie sich gerne juristischer Fragestellungen widmen und deshalb solche Grundkenntnisse durchaus qualitätsfördernd wären.

(4) "Bedingung-ohne-die-ist-nicht" haben wir im Studium gelästert.

(5) LG Hamburg, Urteil vom 12.05.1998 - 312 O 85/98
 

 
(6) Die Ärzte - Arschloch, YouTube
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018