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Dezember 2009
20.12.2009 Telekommunikation
     
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Am 18.12.2009 wurden die umstrittenen neuen Vorschriften der EU-Verwaltung über die europäischen Telekommunikationsnetze und -dienste veröffentlicht (1).

Dazu gehört zunächst die die Verordnung über die Einrichtung des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation - GEREK. Es ersetzt und formalisiert die Gruppe Europäischer Regulierungsstellen - ERG, die die nationalen Regulierungsbehörden und Kommission bislang verbunden hat. Das GEREK sollte durch die Bündelung von Fachwissen die nationalen Regulierungsbehörden unterstützen, ohne dass bestehende Funktionen ersetzt oder bereits laufende Arbeiten doppelt ausgeführt werden; ferner sollte es die Kommission bei der Ausführung ihrer Aufgaben unterstützen. (S. 4, Nr. 7). Seine Rolle und seine Aufgaben machen es zu einem Beratungsgremien ohne Eingriffsbefugnisse, aber mit der besonderen Aufgabe, den Telekommunikationssektor zu beobachten und zu analysieren (S. 5, Art. 2 und 3).

Die anschließende Richtlinie 2009/136/EG (S. 13) sieht Änderungen in den bestehenden Regelungen über Kommunikationsnetze und -dienste vor. Die Präambel sieht die Förderung des europaweiten Zugangs zu TK- und vor allem zu breitbandigen Diensten vor (S. 13 f., Nr. 4, 5). Die Zugangsschwellen für behinderte Endnutzer sollen abgebaut (S. 15, Nr. 12), Nutzungsbeschränkungen bei Anbieterwechseln transparent (S. 16, Nr. 24 pp.) und die Netzneutralität gefördert werden (S. 16, Nr. 28 pp.).
 

 
Gleichwohl können Nutzungsbeschränkungen wegen besonders laststarker Dienste zugelassen werden (S. 17, Nr. 34). Dies dürfte in der Praxis besonders Filesharing- und Multimediadienste betreffen, die einen Großteil der Netzlast verursachen (2)

Die Mitgliedsstaaten werden zur Verfolgung schädlicher Inhalte ermächtigt (S. 17, Nr. 32). Den Diensteanbietern sollen Publizitätspflichten auferlegt werden, sobald ihnen Datenlecks bekannt werden (S. 19, Nr. 61).

Ein starkes Gewicht legt die Richtlinie auf Identitätsdiebstahl oder -betrug, physische Schädigung, erhebliche Demütigung oder Rufschaden in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste (S. 19, Nr. 61), wobei sie sich auf "Spähsoftware" und Viren (S. 19, Nr. 65), auf Cookies (S. 20, Nr. 66), auf Spam (S. 20, Nr. 68) und andere unerwünschte Kontaktaufnahmen sowie auf Techniken konzentriert, die Callcenter bei der Kontaktaufnahme unterstützen (3).

Die Bestandsaufnahmen sind sicherlich zutreffend. Die gegen die bezeichneten Gefahren gerichteten Maßnahmen bleiben hingegen undurchsichtig. Sie enthalten eher den Appell an die TK-Dienstleister, Anstrengungen gegen die Verbreitung von Spam und Malware sowie gegen den Missbrauch der TK-Technik zu unternehmen, weil sie die beste Kompetenz dafür hätten.
 

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Das Regelwerk zeigt damit seine Herkunft. Die Fachleute, die sich mit der TK auf EU-Ebene befassen, blicken in erster Linie auf das Wettbewerbsrecht und die Marktmechanismen im Zusammenhang mit den TK-Dienstleistern - was nicht schlecht ist. 

Abzockereien, den Missbrauch personenbezogener Daten und Straftaten erkennen sie zwar, scheinen aber merkwürdig unsicher zu bleiben, wenn es um deren aktive Bekämpfung geht. Ein erster Schritt wäre der grenzüberschreitende Informations- und Datenaustausch zur Verfolgung solcher Missstände, ohne die blockierenden Formalien, die die schon erheblich einfacher gewordene internationale Rechtshilfe in Strafsachen kennt. 

Solche Informationsfreiheiten für autorisierte Behörden werden jedoch meistens skeptisch und mit Misstrauen betrachtet - und jedenfalls immer wieder kritisch angegriffen.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die gesellschaftlichen lauten Kräfte ebenfalls nicht so recht wissen, was sie wollen: Freiheit und Anonymität sowieso und die Bekämpfung des Bösen auch. Das beißt sich jedoch, wie die Diskussion um die Vorratsdaten zeigt.

Wer die Abzockereien und die Kriminalität im Internet bekämpfen will, braucht verlässliche Daten über die Nutzung und Nutzer. Die Freeze-Strategie, die auf Vorratsdaten verzichtet und nur solche Datenspeicherungen zulässt, die gerade jetzt oder künftig anfallen, scheitert in allen Fällen, in denen der Betroffene erst mit Zeitverzögerung bemerkt, dass er ein Opfer geworden ist.
 

 
Der Ansatz, Publizitätspflichten bei Datenmissbrauch einzuführen, ist richtig. Die dafür nötigen Kontrollmechanismen und Sanktionen scheinen bislang aber nicht entwickelt und noch lange nicht installiert zu sein.

In der Tat gibt es Gefahren für die informationelle Freiheit, wenn Datensammlungen zugelassen und zur Nutzung freigegeben werden. Sie reizen zum Missbrauch oder zur überschießenden Nutzung bei denen, die sie sammeln oder nutzen dürfen.

Nötig sind hingegen nicht Verbote, sondern kontrollierbare Nutzungsregeln. Die schafft man nicht mit Richtlinien und Gesetzen allein, sondern nur mit gut ausgebildeten Anwendern und Kontrolleuren. Sie verlangen nach Aufwänden, die bislang alle Beteiligten scheuen.

Das Sparen an falscher Stelle wird sich wie immer rächen.
 

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(1) Amtsblatt der EU vom 18.12.2009 - L 337

(2) kollabiert das Internet?
 

 
(3) Abschaltung von Predictive Dialer
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018