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Nach
§ 27 Abs. 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar, wer
(vorsätzlich) einem anderen zu dessen (vorsätzlich
begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Nach ständiger
Rechtsprechung (...) ist als Hilfeleistung in diesem Sinne
grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des
Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder
erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem
konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht
erforderlich (...).
Es genügt, dass ein Gehilfe die Haupttat im
Vorbereitungsstadium fördert, wenn die Teilnahmehandlung mit
entsprechendem Förderungswillen und -bewusstsein vorgenommen
wird (...). Beihilfe zu
einer Tat kann schließlich schon dadurch geleistet werden,
dass der Gehilfe den Haupttäter in seinem schon gefassten
Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der
Sicherheit
vermittelt (...).
(1)
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Wegen
mehrerer Beteiligter an einer Straftat unterscheidet das Gesetz im
wesentlichen zwischen dem
Mittäter
( § 25
Abs. 2 StGB) und dem
Gehilfen
(
§ 27 Abs. 1 StGB). Über die Abgrenzung zwischen beiden hat sich der
BGH wiederholt geäußert
(1).
Danach macht sich der Gehilfe bereits strafbar, wenn er den Haupttäter
objektiv fördert oder den Taterfolg erleichtert, ohne jedoch die Tat
eigenhändig und mit Tatherrschaft auszuüben.
Die strafrechtliche Haftung des Gehilfen kann sich bereits auf das
Vorbereitungsstadium beziehen, wenn der Täter die Tat später
ausführt (
Akzessorietät). Nach der
Beendigung der Tat ist die Beihilfe ausgeschlossen
(2).
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psychische Beihilfe
Schwierige
tatsächliche Fragen stehen im Zusammenhang mit den Aspekten, die der BGH
links unten anschneidet. Es geht dabei um die seit langem anerkannte
"psychische Beihilfe", mit der sich der BGH 2008 erneut beschäftigt hat
(3).
Eine strafwürdige Bestärkung setzt zunächst einen tatgeneigten
Haupttäter voraus - wäre er noch völlig unentschlossen, würde es sich um
eine Anstiftung handeln (
§ 26 StGB). Sodann muss die geforderte Bestärkung über das Billigen
der Tat hinaus gehen. Strafbar ist sie nur, wenn sie zu einer
psychischen Beeinflussung des Haupttäters führt und die Tat fördert oder
erleichtert. Dessen muss sich der Gehilfe zudem bewusst sein, weil eine
nur fahrlässige Beihilfe nicht strafbar ist.
Eine
fördernde Bestärkung hat der BGH zum Beispiel darin gesehen, dass ein
Strafverteidiger einen zur Falschaussage entschlossenen Zeugen in die
Hauptverhandlung einführt oder seinen Entschluss im 4-Augen-Gespräch mit
der Äußerung fördert:
"Das
passt gut!"
(4).
Die
Förderung muss sich in Tatsachen äußern
(5).
Sie können auch aus subtilen Handlungen des Gehilfen bestehen, wenn er
zum Beispiel ohne handgreifliches Handeln mit Gestik oder Körperhaltung
das Opfer einschüchtert und damit die Tatausführung aus der Sicht des
Haupttäters erleichtert.
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Mittäter |
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Mittäter nach
§ 25
Abs. 2 StGB ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen
eigenen Beitrag derart in eine
gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der
Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung
seines
eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges
Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die
von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu
beurteilen (...). Wesentliche Anhaltspunkte
können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang
der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der
Wille zur Tatherrschaft sein; Durchführung und Ausgang der Tat
müssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des
Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Willen abhängen. Dabei
deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv
darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.
...).
(6)
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Der
Mittäter hingegen hat nach seiner Vorstellung von der Tat Tatherrschaft.
Er muss seinen Tatbeitrag als maßgeblich für den Taterfolg ansehen. Das
ist auch der Fall, wenn es sich um eine mehraktige Straftat handelt und
der Mittäter die Vorstellung hat, dass ohne seinen Beitrag der Taterfolg
nicht erreicht werden kann.
Der
Mittäter unterscheidet sich vom Gehilfen besonders dadurch, dass seine
Tatbeiträge einzelne Tatbestandsmerkmale unmittelbar erfüllen oder für
den Taterfolg nicht wegzudenken sind [conditio sine qua non
(7)].
Er muss die Tat als eigene wollen.
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Bedeutsam
wird das in der aktuellen Diskussion wegen der Tatbeiträge beim Skimming
und dort bei der Frage, welchen Tatbeitrag die nur mit dem Ausspähen von
Kartendaten und PIN befassten Täter am Gesamtplan haben. Ohne ihre
erfolgreichen Tatbeiträge lässt sich das abschließende Ziel nicht
erreichen, durch den Missbrauch gefälschter Zahlungskarten mit
Garantiefunktion Beute zu machen
(8).
Sie sind in aller Regel Mittäter in einer Bande. |
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Gesamthaftung des Mittäters |
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Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Mittäter begeht, ist nach den
gesamten Umständen des konkreten Falles in wertender Betrachtung zu
beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen
Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft
oder jedenfalls der Wille hierzu, so dass Durchführung und Ausgang der
Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr. ...). Zwar haftet
jeder Mittäter für das Handeln der anderen nur im Rahmen seines -
zumindest bedingten - Vorsatzes; er ist also für den Erfolg nur insoweit
verantwortlich, als sein Wille reicht, so dass ihm ein Exzess der
anderen nicht zur Last fällt. Jedoch werden Handlungen eines anderen
Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet
werden muss, vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er diese sich
nicht besonders vorgestellt hat. Ebenso ist er für jede Ausführungsart
einer von ihm gebilligten Straftat verantwortlich, wenn ihm die
Handlungsweise seiner Tatgenossen gleichgültig ist (...). Dabei kann bei
einem mehraktigen Geschehen Täter auch derjenige sein, welcher nicht
sämtliche Akte selbst erfüllt. Es genügt, wenn er auf der Grundlage
gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden
Beitrag leistet (...).
(9)
[Rn. 110]
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Der
Mittäter haftet jedoch nicht nur für seinen Tatbeitrag, sondern auch für
die Handlungen der anderen, die dem gemeinsamen Tatplan folgen. Der BGH
hat im Oktober 2009 nochmals deutlich gemacht
(9),
dass der Mittäter für die Handlungen der anderen als Täter haftet, wenn
ihr Tun seinen groben Vorstellungen vom Tatplan und -ablauf entspricht.
Das gilt auch für vorhersehbare Abweichungen vom Tatplan und dann, wenn
dem Mittäter die Handlungen seiner Tatgenossen gleichgültig sind. Nur
für ihre unvorhersehbaren, über den Tatplan hinausschießenden Exzesse
haftet er nicht.
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Haftung des Mittäters im Gesamtplan |
Fazit |
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Mittäterschaft kann selbst durch die bloße Beteiligung an
Vorbereitungshandlungen begründet werden, sofern der Betreffende
auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die
Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, welcher
sich nach seiner Willensrichtung nicht als bloße Förderung
fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt,
und der dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung
seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (...). Ob das der
Fall ist, ist in wertender Betrachtung zu beurteilen.
Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses
am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder
der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass Durchführung und
Ausgang der Tat maßgeblich vom Willen des Betreffenden abhängen
(...).
(10)
[Rn. 119]
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Wiederholt
hat der BGH auch, dass die Mittäterschaft schon mit der bloßen
Beteiligung an einer
Vorbereitungshandlung begründet wird. Deutliche Worte hatte
das Gericht bereits 2008 im Zusammenhang mit der Beschaffung und
Einrichtung eines
Firmenmantels gefunden, den die anderen Mittäter für Betrügereien
nutzten. |
Die beiden
zentralen BGH-Entscheidungen, die diesen Artikel veranlasst haben,
können von ihrer Zielrichtung her nicht unterschiedlicher sein. Zitat
(1)
bremst die Strafverfolgung aus und führt sie auf den Weg des
Augenmaßes zurück und Zitat
(9)
tritt sie sinnbildlich in den Allerwertesten und mahnt vor zu viel
Zurückhaltung in unbequemen Entscheidungslagen.
Zu leicht
unterschätzt wird der Allgemeine Teil des StGB. Die neuen Grundsätze zum
Bandenrecht und die klaren Worte zur Verantwortung des Mittäters hat
der BGH nicht aus den Besonderheiten einzelner Kriminalitätsformen
abgeleitet, sondern aus den Vorgaben des materiellen Strafrechts. Sie
lassen sich ungeachtet der kriminellen Erscheinungsformen anwenden.
Wichtig erscheint mir
auch, dass die strafrechtliche Haftung bei der
Beteiligung an der Vorbereitung mehraktiger Taten nicht nur auf
Bandentäter, sondern grundsätzlich auf Tätermehrheiten anzuwenden
ist.
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Anmerkungen |
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(1)
zuletzt:
BGH, Beschluss vom 23.12.2009 - 1 BJs 26/77-5 - StB
51/09
(2)
siehe auch
Dieter
Kochheim, Der Hehler ist kein Stehler. Hehlerei und
Absatzhilfe, 11.11.2009; Kap. Haupttat
und Hehlerei
(3)
BGH, Urteil vom 07.02.2008 – 5 StR 242/07, Rn. 15,
16
(4)
BGH, Urteil vom 27.03.2009 - 2 StR 302/08, Rn. 34
(5)
Geltung
von Beweisen und Erfahrungen
(6)
(1), Rn. 17
(7)
in ganz lockerer Übersetzung: Bedingung, ohne die ist nicht.
(8)
Siehe
Zwischenbilanz: Skimming und
Kochheim, Skimming, 12/2009.
(9)
BGH, Urteil vom 28.10.2009 - 1 StR 205/09
(10)
(9)
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Cyberfahnder |
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© Dieter Kochheim,
11.03.2018 |