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August 2010
15.08.2010 10-08-16 new economy
     
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Besonders lesenswert ist die neue Folge Vorsicht, Kunde in der Zeitschrift (1). Wie immer handelt es sich um einen Einzelfall: Eine Dreizehnjährige bekommt unvermittelt eine "letzte außergerichtliche Mahnung" von web.de über 20 € (2). Sie versichert, nichts mit diesem Internetanbieter zu tun zu haben und der Anschein spricht für sie. Ihr Vater kümmert sich.

Der Kundenservice dieses Anbieters ist ausschließlich über eine teure Mehrwertdienstnummer erreichbar. Eine E-Mail des Vaters an das "Info"-Postfach des Dienstes wird vom Roboter artig mit dem Bemerken bestätigt, dass die Nachricht keine rechtliche Wirkung entfaltet.

Als nächstes meldet sich der Bayerische Inkasso Dienst mit einer Forderung von jetzt 85,12 €. Auf den Widerspruch des Vaters, dass weder ein Vertrag besteht noch überhaupt mit einer Dreizehnjährigen zustande kommen konnte, kommt die Forderung nach einer Geburtsurkunde des Mädchens.

Als die bei beiden nachfragt, verweigern das Inkasso-Unternehmen und der Webanbieter Auskünfte aus Gründen des Datenschutzes. Die Forderung wird schließlich fallen gelassen. Es stellt sich heraus, dass die ersten Mahnungen wohl per E-Mail an das Postfach gerichtet wurden, das bei web.de eingerichtet worden war - von wem auch immer.

Eine kundenfreundliche Reaktion oder das Eingestehen eigener Fehler erfolgt nicht. Anlass dazu gäbe es genug.
 

 
Es liegt eine Ansammlung von Dreistigkeiten vor, wenn die Aussagen in der stimmen - wovon der Erfahrung nach auszugehen ist:

Web.de macht keine Identitätsprüfung und verlässt sich auf das, was der angebliche Kunde online angibt. Identitätsdiebstahl ist für das Unternehmen ein Fremdwort. Wer auf Identitätsprüfungen verzichtet, stellt sich jedoch in die bedenkliche Nähe zum Anstifter zum Identitätsdiebstahl.

Wer nur per Mehrwertdiensttelefonnummer erreichbar ist, gibt sich damit den ersten Anschein eines hemmungslosen Abzockers. Vorliegend: Unwiderlegt.

Wer eingehenden E-Mails die Rechtsverbindlichkeit abspricht und sich gleichzeitig darauf beruft, seine Forderungen per E-Mail verkündet zu haben, gehört wegen widersprüchlichen Verhaltens virtuell geohrfeigt. Gleichwohl: Eine verbreitete Unsitte.

Anstelle eine Geburtsurkunde zu fordern hätte auch eine EMA-Anfrage (3) gemacht werden können - auf eigene Kosten natürlich.

Wenn ich Dreck am Stecken habe, dann berufe ich mich auf den Datenschutz. Oder: Gelebtes schlechtes Gewissen.

Weitere Fremdwörter: Störungs- und Krisenmanagement. Wenn sich die meldet, dürfte bei allen Beteiligten inzwischen klar sein:
  der Fall ist vorgeprüft und
  Veröffentlichung und Bloßstellung erfolgen unverzüglich.
Das ist nicht dumm gelaufen, sondern besonders dumm angestellt. Bei dem Unternehmen hätte ich mehr unternehmerische Professionalität erwartet.

Wie man sich doch täuschen kann.
 

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(1) Georg Schnurer, Verkehrte Welt. Beweislastumkehr à la Web.de, c't 18/2010, S. 62

(2) Mit fragwürdigem Vertragsgebahren ist web.de schon wiederholt aufgefallen, wie die berichtet:
Web.de. Kritik

(3) EMA: Einwohnermeldeamt
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018