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Oktober 2011 |
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stark nachgelassene Verkehrsdaten-Überwachung |
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Die Verfahren, in denen TKÜ-Maßnahmen angeordnet wurden, sind zwischen 2009 und 2010 um 3,6 % auf knapp 5.500 angestiegen ( Tabelle links Mitte). Der Anteil der überwachten Endgeräte je Verfahren ist etwa auf gleichem Niveau geblieben (etwas mehr als 3 Endgeräte je Verfahren). Vergleicht man diese Zahlen mit der Justizstatistik (2), die auch erst gerade veröffentlicht wurde, zeigt sich, dass etwa in jedem Tausendsten Ermittlungsverfahren TKÜ-Beschlüsse erwirkt wurden ( Tabelle oben: 0,11 bzw. 0,12 %). Der Vergleich zwischen den gerichtsanhängig gewordenen Ermittlungsverfahren und den Eingangszahlen bei den Staatsanwaltschaften zeigt auch, dass fast drei Viertel aller Verfahren ohne Anklage o.ä. abschließen, also eingestellt werden ( ebenda: 26,7 bzw. 26,6 %). Traditionell die meisten TKÜ-Anordnungen betreffen den Mobilfunk (2010: 16.510 Anordnungen). Der Grund dafür ist die empirische Tatsache, dass viele Verdächtige über mehrere mobile Endgeräte verfügen und dass diese Ermittlungsmaßnahme vor allem im Zusammenhang mit arbeitsteiligen Täterstrukturen in Betracht kommt. Das belegen auch die Zahlen über die häufigsten Anlasstaten ( Tabelle links Mitte, untere Zeilen). Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden die Spitze, Raub, Erpressung, Mord und Totschlag folgen erst mit deutlichem Abstand. Während der Bandendiebstahl als Anlasstat deutlich nachgelassen hat, sind die schweren Formen des Betruges auf dem Vormarsch. Um einem Irrtum vorzubeugen: Internet-Telekommunikation ist nicht gleichzusetzen mit Quellen-TKÜ, sondern umfasst vor allem die Ausleitung von DSL- und UMTS-Strömen. Die Quellen-TKÜ als solche wird nicht statistisch erfasst (3). Die Verfahren, in denen Beschlüsse über Verkehrsdatenauskünfte erwirkt wurden, sind um 27,8 % zurückgegangen ( Tabelle links unten). Auch ohne wissenschaftliche Analysemethoden kann das getrost als eine Reaktion der Praxis auf die Entscheidung des BVerfG gegen die Vorratsdatenspeicherung gewertet werden, wie auch der Rückgang bei den retrograden Verkehrsdaten zeigt (- 27,5 %). Wenn vorausgesehen wird, dass die Maßnahme erfolglos bleibt, dann wird vielfach auch der Arbeitsaufwand gescheut, der damit zusätzlich verbunden ist. Beide Maßnahmen-Statistiken zeigen, dass die Folgeanordnungen deutlich hinter den Erstanordnungen zurück bleiben. Daraus kann geschlossen werden, dass die meisten Eingriffsmaßnahmen nur kurzfristig durchgeführt und ihre Auswirkungen auf ein geringes Maß gehalten werden. Folgeanordnungen in Bezug auf Verkehrsdaten machen nur Sinn, wenn es um die laufende Protokollierung geht. Insoweit sind die Anordnungen tatsächlich um 60,5 % angestiegen. Die Verkehrsdaten-Statistik weist keine Deliktsgruppen aus. Den größten Anteil machen jedoch die "Katalogtaten" aus, also schwere Straftaten aus dem Straftatenkatalog des § 100a Abs. 2 StPO. Das lässt vermuten, dass die Verteilung ähnlich sein wird wie bei der TKÜ-Statistik. Die Zahlen belegen, dass die Justiz sich wegen der schweren Eingriffsmaßnahmen auf ein Promille der anhängigen Verfahren beschränkt, unter denen die Verfolgung von Rauschgifthändlerbanden noch hervorsticht. Der Rückgang bei den Verkehrsdatenerhebungen
kann als ein zweischneidiger Erfolg des Verbots der
Vorratsdatenspeicherung angesehen werden. Er zeigt auch, dass die
Aufklärung im Bereich der schweren Kriminalität deutlich nachgelassen
hat.
(1)
BAJ, Telekommunikationsüberwachung. (2) BJA, Geschäftsentwicklung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften von 2007 bis 2010, 20.09.2011
(3)
Man hört gelegentlich, dass es sie geben soll. |
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Cyberfahnder | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |