|  
  
 |  
  Eine 
		interessante Studie hat  (Heise) im 
		September herausgegeben: 
		
		   Malware-Trends, ix 12.09.2011. Auf 12 Seiten gibt sie einen Überblick über die 
		wichtigsten aktuellen Erscheinungsformen der Cybercrime und bleibt dabei 
		auf der Erscheinungsebene. Leider bleiben die Überschriften, die wie 
		"Mafia-Strukturen in der Phishing-Szene" tiefere Einblicke versprechen 
		(S. VI), flach und ohne Aussage. Das ist der Vorteil des Papiers, das zu 
		einem knappen Drittel aus Werbung besteht: Man liest es schnell weg, 
		sagt "stimmt", fühlt sich bestätigt und nicht durch neue 
		Gedanken und Argumente belästigt. 
 
		
		  Schon von 2003 stammt die 
 
    Horst Hund, Einführung in die staatsanwaltliche 
		Tätigkeit, StA Bad Kreuznach 17.01.2003. 
 Der leitende Kollege hat mit vielen Quellen und in klarer Sprache ein 
		verständliches Arbeitspapier erstellt, das einen wirklich guten Einstieg 
		und Überblick verschafft. Wir sind nicht immer der gleichen Meinung und 
		das wäre auch langweilig.
 
 Die Quellen sind interessant und eine ist mir besonders aufgefallen (siehe 
		unten).
 
 | 
    
      | 
 
		
		|  Der bloße 
		gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen 
		von Betäubungsmitteln, die angesichts einer Aufbewahrung an 
		verschiedenen Orten wie hier nicht als ein Vorrat im tatsächlichen Sinne 
		anzusehen sind, würde hingegen nicht genügen, die Annahme einer 
		Bewertungseinheit zu begründen.  (4) |  | 19.11.2011 
  Mit der
		Bewertungseinheit 
		führt der BGH verschiedene gleichartige Straftaten zu einer 
		einheitlichen Tat zusammen (  § 52 StGB), wenn sie auf einen sich in Tatsachen äußernden 
		Tatentschluss zurückführen lassen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn 
		ein BtM-Abhängiger eine größere Menge Rauschgift erwirbt, davon einen 
		Teil selber konsumiert und das übrige Gift portionsweise verkauft. Das 
		führt aber nicht zu beliebigen "Verklammerungen". Füllt der Täter ein 
		bestehendes Depot immer wieder mit Nachschub auf, so ist immer wieder 
		eine neue Bewertungseinheit mit der neuen Befüllung anzunehmen (was den 
		Nachweis und die gerichtlichen Feststellungen auch nicht einfacher macht)  (1). 
		 (1)    BGH, Beschluss vom 26.05.2000 - 3 StR 162/00, Rn 
		10, hrr-strafrecht.de Diese Rechtsprechung ist auch auf andere 
		Deliktstypen anzuwenden, ausdrücklich auch auf den Falschgeldhandel
		 (3) und 
		das Skimming  (2), 
		wobei gelegentlich auch die Rede von einer "deliktischen Einheit" ist. 
		
		 (2)  Angleichung des Rechts beim Falschgeld und Rauschgift, 13.03.2011 
		
		 (3)    BGH, 
		Beschluss vom 02.02.2011 - 2 StR 511/10 Allein die Gleichzeitigkeit verschiedener Dauer- 
		oder Ausführungsdelikte führt allerdings nicht zur Bewertungseinheit, 
		wie der BGH jetzt festgestellt hat
		 (4). 
		Verschiedene Verwahrstellen oder verschiedene Vorgehen bei der 
		Tatausführung schließen sie aus und machen die Handlungen zu mehreren 
		Taten (  § 53 StGB). 
		
		 (4)    BGH, Urteil vom 21.09.2011 - 2 StR 286/11, Rn 11 
 | 
    
      | 
		
		|  Die Revision 
		rügt insoweit zu Recht die fehlerhafte Anwendung des Zweifelssatzes bei 
		der Beweiswürdigung des Landgerichts. Der Grundsatz in dubio pro reo ist 
		keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungsregel (...  (1)). Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich 
		nicht anwendbar (...  (2) 
		...). Er besagt nichts darüber, wie der Tatrichter die Beweise zu 
		würdigen hat, sondern kommt erst bei der abschließenden Gesamtwürdigung 
		zum Tragen (...  (3) 
		...).  (4) |  | 
		21.11.2011
  Im Zweifel für den Angeklagten 
		(in dubio pro reo). Der Zweifelssatz ist aber keine Beweisregel, sondern 
		eine Entscheidungsregel, wie der BGH einmal wieder festgestellt hat  (4). 
		Nicht jede phantastische Einlassung muss ernst genommen werden  (5) 
		und zunächst muss das Gericht solide alle Beweise im Einzelnen und in 
		der Gesamtschau würdigen. Erst dann, wenn am Schluss unüberwindbare 
		Zweifel bleiben, dann greift der Zweifelssatz als Entscheidungsregel: 
		Entgegen seinen begründeten Zweifeln darf kein Richter einen Angeklagten 
		zu Strafe verurteilen. Das klingt irgendwie banal, ist aber für die 
		gerichtliche Praxis äußerst nachhaltig. Leicht rutscht dem Strafrichter 
		heraus: "Das können wir ja nie beweisen"; was meint: "Oh, ist das 
		kompliziert" und "oh, was für'ne Arbeit kommt auf mich zu". An dieser 
		Stelle ist die Staatsanwaltschaft ausnahmsweise mächtiger als das 
		Gericht: Wenn es um die Anklageerhebung geht, muss sie die 
		Verurteilungswahrscheinlichkeit prüfen und darf den Zweifelsgrundsatz 
		anwenden. Das Gericht, das über die Zulassung der Anklage zur 
		Hauptverhandlung zu entscheiden hat, darf das nicht. Der BGH verlangt von den Gerichten diesen 
		Aufwand: Der Angeklagte muss ernst genommen werden, darf erwarten, dass 
		das Gericht seine Sichtweise wahrnimmt, verarbeitet, hinterfragt und 
		bewertet, er darf aber nicht zum Objekt des Verfahrens verkümmern und 
		schließlich darf er auch nicht erwarten, dass man ihm jeden Unsinn 
		abnimmt. Erst ganz am Ende muss der Richter in sich gehen, alle Fakten, 
		von denen er überzeugt ist, betrachten und sich eine abschließende 
		Meinung bilden (Gesamtschau). Erst dabei und dann greift der 
		Zweifelsgrundsatz. 
 
		 (1)    BGH, Urteil vom 21.10.2008 - 1 StR 292/08, Rn 24 
		 (2)    BGH, Urteil vom 09.06.2005 - 3 StR 269/04, S. 14 
		 (3)    BGH, Urteil vom 02.09.2009 - 2 StR 229/09, Rn 16 
		 (4)    BGH, Urteil vom 12.10.2011 - 2 StR 202/11, Rn 10 
		 (5)  Das 
		Gericht muss nicht jeden Unsinn glauben, 15.10.2011 
 | 
    
      |  | 10.11.2011
  Das BVerfG hat sich schon 1994 tiefsinnig mit dem BtM-Strafrecht 
		auseinander gesetzt, dem "Recht auf Rausch" eine Abfuhr erteilt und dem 
		Gesetzgeber zugebilligt, verschiedene Drogen unterschiedlich zu 
		behandeln, insbesondere zwischen Alkohol und anderen Rauschgiften zu 
		unterscheiden. Es verlangt allerdings nach Korrektiven im Hinblick auf 
		die persönliche Schuld, die den Rahmen für Strafe bildet (Übermaßverbot), 
		um  einem 
		geringen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Rechnung zu 
		tragen. In diesen Fällen werden die Strafverfolgungsorgane nach dem 
		Übermaßverbot von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten 
		Straftaten grundsätzlich abzusehen haben. 
		
		   BVerfG, Beschluss vom 09.03.1994 - 2 BvL 43, 51, 63, 
		64, 70, 80/92, 2 BvR 2031/92, Leitsatz 3 
		 In seiner 
		abweichenden Meinung vertritt der Bundesverfassungsrichter Simon 
		die Auffassung: 
		 Der 
		Verweis des Senats auf Vorschriften, die Staatsanwaltschaft und Gericht 
		das Absehen von Strafverfolgung bzw. die Einstellung des Verfahrens oder 
		das Absehen von Strafe ermöglichen, nimmt ferner nicht hinreichend auf 
		den Umstand Bedacht, daß nicht erst Verhängung und Vollziehung 
		staatlicher Strafe in besonderem Maße vor den Freiheitsrechten 
		rechtfertigungsbedürftig sind. Schon die Bezeichnung eines Verhaltens 
		als strafbar, aber auch die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens sind 
		grundrechtsrelevant. Jede Strafvorschrift räumt der Polizei (§ 163 Abs. 
		1 StPO), der Staatsanwaltschaft und dem Richter Macht über das Schicksal 
		anderer ein, auch wenn es letztlich nicht zu einer Anklage oder zu einer 
		Verurteilung kommt. Bereits die Pönalisierung eines Verhaltens als 
		solche schafft Leid "durch den dunklen Raum der damit einhergehenden 
		Erpressungen und menschlichen Erniedrigungen; durch die kritischen 
		Randzonen, die jedes Delikt birgt; durch die gesetzlichen und 
		außergesetzlichen Folgen der strafrechtlichen Reaktion für den Täter" 
		(Ernst- Walter Hanack, Empfiehlt es sich, die Grenzen des 
		Sexualstrafrechts neu zu bestimmen?, Gutachten für den 47. Deutschen 
		Juristentag, 1968, A 35). 
		
		 Ebenda, Rn. 258 
		 Simons Einwände sind beachtlich, aber nicht ganz überzeugend. Schon der 
		klassische wilhelminische Gesetzgeber hat der Staatsanwaltschaft eine 
		ganz wichtige Filterfunktion zugewiesen. Nur sie darf Anklage erheben (einzige 
		Ausnahme: Privatklage wegen besonderer privater Schutzrechte,  §§ 374 ff. StPO) und wird von  § 152 StPO dazu verpflichtet, tatsächlichen Anhaltspunkten 
		nachzugehen, die den Verdacht einer Straftat begründen. Das 
		Ermittlungsverfahren dient der Klärung und nicht der Bestrafung (echte 
		im Gegensatz zur unterschwelligen Pönalisierung, die Simon anspricht). 
		Tatsächlich werden die meisten Ermittlungsverfahren eingestellt und 
		enden ohne Anklage. 
		Dennoch hat Simon auch recht. Andauernde strafrechtliche Ermittlungen belasten den 
		Beschuldigten. Er wird vom Staat bedrängt, sieht sich berechtigten oder 
		unberechtigten Vorwürfen ausgesetzt und unterliegt dem Druck, reagieren zu müssen und sei es dadurch, zu schweigen. 
		Polizei und Staatsanwaltschaft müssen sich dieser Verantwortung stellen, 
		die Verhältnismäßigkeit heißt. Das wichtigste Regulativ ist die strenge 
		Prüfung der tatsächlichen Anhaltspunkte ( Plädoyer für einen sauberen Startschuss), die auch in einem 
		förmlichen Verfahren erfolgen muss, das nicht ohne Datenspuren bleiben 
		kann, wenn seine Förmlichkeiten und Ergebnisse überprüfbar bleiben 
		sollen. Datenschutz mit dem Ergebnis, Datenlosigkeit zu produzieren, 
		verhindert auch die Kontrolle von Missbrauch und Korruption. 
		Das Dilemma lässt sich jedoch nicht lösen. Schon deshalb nicht, weil es 
		jedem frei steht, unter Nennung von Anhaltspunkten Strafanzeige zu 
		erstatten, die die Staatsanwaltschaft prüfen muss. |