leichte, mittlere und schwere Kriminalität |
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leichte, mittlere und schwere Kriminalität |

Kombination aus zwei Bidern:
dorsetforyou.com und
poster.net
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Straftatenkataloge für schwere Grundrechtseingriffe
Gesetzliche Definitionen und Vorgaben
Verbrechen und Vergehen
Strafverfolgungsverjährung
Strafgewalt des Amtsgericht
Strafgewalt des Strafrichters
Jugendstrafe
Untersuchungshaft
Wiederholungsgefahr bei Vergehen
(keine) Untersuchungshaft bei leichten Straftaten
Zwischenergebnis
Klarstellung vom BVerfG
betroffene Rechtsgüter
Strafdrohung von mehr als 5 Jahren
... auch wegen Qualifikationstatbestände
ungeklärt: "schwere" Kriminalität
ungeklärt: Gesamtstrafenbildung
Serientaten
Fazit: Gruppenbildung
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Bei der
Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Ermittlungshandlungen muss auch
betrachtet werden, wie schwerwiegend die Kriminalität ist, die verfolgt
werden soll. Die Schlagworte dafür sind leichte oder
Bagatellkriminalität, mittlere und schließlich Schwerkriminalität.
Viele Diskussionen über die Erscheinungsformen von Kriminalität
werden zwar mit diesen Schlagworten gefüllt, ohne dass immer erkennbar
ist, was damit wirklich gemeint ist.
Von Bedeutung ist auf jedem Fall, welche Strafe das Gesetz im Mindest-
oder Höchstmaß androht. "Aller"schwerste Straftaten sind sicherlich die,
die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind.
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Straftatenkataloge für schwere Grundrechtseingriffe |
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Die
Überwachung der Telekommunikation (
§ 100a StPO), die akustische Wohnraumüberwachung (großer
Lauschangriff,
§
100c StPO) und die Untersuchungshaft wegen besonderer Schwere der
Schuld (
§ 112 Abs. 3 StPO) sind Beispiele dafür, dass der Gesetzgeber gegen
schwerwiegende und gefährliche Erscheinungsformen der Kriminalität auch
besondere Maßnahmen bereitstellen will, die nicht zügel- und grenzenlos
zum Einsatz kommen sollen. Alle drei in Bezug genommenen Vorschriften
verweisen deshalb auf Straftatenkataloge, die ihre Anwendung
beschränken. Sie heben sich damit von den generellen
Ermittlungshandlungen ab, die bei jeder Form und auch bei der leichten
Kriminalität zum Einsatz kommen dürfen, z.B. die Vernehmung von Zeugen
und Beschuldigten, Auskünfte von Behörden und Durchsuchungen (siehe
Aussagen, Auskünfte, Beweismittel).
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Die vom Gesetzgeber gebildeten Straftatenkataloge sind uneinheitlich.
Das zeigt einerseits, dass der Gesetzgeber die von ihm bereit gestellten
Ermittlungshandlungen auf bestimmte Kriminalitätsfelder angewandt wissen
will, und eben auf andere nicht. Andererseits kommt in den Katalogen
auch ein gewisser Trend zur gesetzgeberischen Mode zum Vorschein, die
besonders auch der Verfolgung von Bandenkriminalität gilt (siehe
Organisierte Kriminalität, Vereinigung, Bande). Das zeigt sich zum
Beispiel bei der Überwachung der Telekommunikation, deren
Straftatenkatalog
erst seit der Reform 2007 den Betrug im besonders schweren Fall (
§ 263 StGB) und die Korruption (Bestechlichkeit im besonders Fall,
§
332 StGB) enthält, zuvor aber schon die Vergehen nach dem Aufenthaltsgesetz (gewerbs-
oder bandenmäßige Schleusung,
§ 96
Abs. 2 AufenthG) und dem Asylverfahrensgesetz (gewerbs- oder
bandenmäßige Verleitung zur mißbräuchlichen Asylantragstellung,
§ 84
Abs. 3 AsylVfG).
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Gesetzliche Definitionen und Vorgaben |
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Bei
verschiedenen Gelegenheiten hat der Gesetzgeber die Schwere der
Kriminalität bewertet.
Das gilt zunächst bei seiner Unterscheidung zwischen Vergehen und
Verbrechen, wobei die schwerer wiegenden Verbrechen dadurch bestimmt sind,
dass sie im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr Dauer
bedroht sind (
§ 12 StGB). Die Zuordnung ist nicht immer einfach. Dem schweren
Bandendiebstahl als selbständiges Verbrechen widmet das Gesetz einen
eigenen Paragraphen (
§ 244a StGB), dem schweren (
§ 232 Abs. 3 StGB) und dem besonders schweren Menschenhandel (
§ 232 Abs. 4 StGB) hingegen nicht, obwohl auch sie selbständige
Verbrechenstatbestände sind. Darin unterscheiden sie sich von den
Regelbeispielen für besonders und minder schwere Fälle, die nur
Strafmaßregeln darstellen, ohne etwa Einfluss auf die
Strafverfolgungsverjährung zu nehmen.
Die Straftatenkataloge beziehen jedoch nicht jedes Verbrechen ein.
Der Meineid taucht in ihnen zum Beispiel nirgends auf (
§ 154 StGB). Vergehen und das vor Allem in ihren besonders schweren
Fällen schon.
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Im Hinblick auf die Strafverfolgungsverjährung hat der Gesetzgeber nach
der angedrohten Höchststrafe differenziert. Ein unbestritten schwerstes
Verbrechen wie der Mord (
§ 211 StGB) verjährt danach nie (
§ 78 Abs. 2 StGB), andere mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohte
Verbrechen erst nach 30 Jahren (
§ 78 Abs. 3 StGB). Weitere Stufungen unternimmt das Gesetz mit
Verjährungsdauern von 20, 10, 5 und 3 Jahren (ebenda).
Das Amtsgericht hat eine Strafgewalt, die bis zu vier Jahren
Freiheitsstrafe reicht (
§ 24 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG), wenn das
Schöffengericht mit zwei Laienrichtern und einem Berufsrichter
entscheidet. Die Strafgewalt des Strafrichters (als Einzelrichter) wird
von
§ 25
GVG auf Vergehen beschränkt, die keine höhere Strafe als zwei Jahre
Freiheitsstrafe erwarten lassen.
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Jugendlichen Straftäter droht
§ 18
Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz - JGG - mit einer Jugendstrafe von
5 Jahren im Höchstmaß. Wegen Straftaten jedoch, die nach dem allgemeinen
Strafrecht mit mehr als 10 Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, erhöht
sich auch die Jugendstrafe auf bis zu 10 Jahre.
Unabhängig von den üblichen Haftgründen (Flüchtigkeit, Fluchtgefahr,
Verdunkelungsgefahr,
§
112 Abs. 2 StPO) darf die Untersuchungshaft auch bei besonders schweren
Verbrechen angeordnet angeordnet werden. § 112 Abs. 3 StPO nennt dazu
abschließend den Völkermord (
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Völkerstrafgesetzbuch - VStGB), die Bildung von
terroristischen Vereinigungen im In- und Ausland (
§§ 129a,
129b
StGB), Mord und Totschlag (
§§ 211,
212
StGB), die schwere Körperverletzung (
§ 226 StGB), die besonders schwere Brandstiftung, wenn sie
todesgefährlich ist, und die Brandstiftung mit Todesfolge (
§§ 306b,
306c
StGB) sowie das vorsätzliche Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion
(
§ 308 Abs. 1 bis 3 StGB).
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Versammelt sind in
diesem Straftatenkatalog gemeingefährliche Verbrechen, die mit
lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind (Völkermord, Mord), mit
Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren Dauer (Brandstiftung mit
Todesfolge) und Verbrechen mit geringerer Strafdrohung. Auffällig ist
die schwere Körperverletzung, die "nur" mit Freiheitsstrafe zwischen
einem und zehn Jahren bedroht ist.
Unter der besonderen Voraussetzung der Wiederholungsgefahr formuliert
§
112a StPO einen Straftatenkatalog, der verschiedene Verbrechen und
Vergehen benennt, die für die Öffentlichkeit als besonders gefährlich
und verunsichernd gelten, z.B. auch der Betrug (
§ 263 StGB).
In umgekehrter Weise schränkt
§
113 StPO die Untersuchungshaft aus (oder im Hinblick auf die
Fluchtgefahr ein), wenn die Tat nur mit
Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
einhundertachtzig Tagessätzen bedroht ist.
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Zwischenergebnis:
Der Blick auf die verschiedenen gesetzlichen Straftatenkataloge ergibt
kein einheitliches Bild, weil sie nicht allein auf das Strafmaß, sondern
auch auf die Besonderheiten der Regelungsgegenstände ausgerichtet sind.
Die
Einschränkungen des § 113 StPO (Höchstmaß der Strafe = 6 Monate
Freiheitsstrafe = 180 Tagessätze Geldstrafe) und die kurze Dauer der
Strafverfolgungsverjährung bei Straftaten, die mit höchstens einem Jahr
Freiheitsstrafe bedroht sind (
§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB), kennzeichnen sicherlich die leichte
Kriminalität. Dagegen befördert die Drohung mit lebenslanger
Freiheitsstrafe die betreffenden Straftaten zweifellos zur schwersten
Kriminalität.
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Das
Mindestmaß der Strafe für Verbrechen (ein Jahr Freiheitsstrafe) siedelt
diese Straftaten ganz sicher in den gehobenen Bereich der mittleren und
in die schwere Kriminalität an.
Eine sichere Zuordnung ist das hingegen nicht, weil der Gesetzgeber
in einzelnen Straftatenkatalogen auch Vergehen eine Bedeutung beigelegt
hat, die schwere Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche
ermöglicht. |
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Klarstellung vom Bundesverfassungsgericht |
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Im
Zusammenhang mit dem großen Lauschangriff hat das
Bundesverfassungsgericht auch klären müssen, was besonders schwere
Straftaten gemäß
Art.
13 Abs. 3 Grundgesetz sind (
Urteil vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/97, 1 BvR 1084/99).
Zunächst stellt es fest, dass sich die besonders schweren Straftaten
deutlich von der mittleren Kriminalität absetzen müssen (ebenda Rn 229)
und versucht eine inhaltliche Abgrenzung anhand der betroffenen
Rechtsgüter (ebenda Rn 335):
Ein Anhaltspunkt für die Schwere sind die Folgen der Tat für
betroffene Rechtsgüter. Bei bestimmten Straftaten - wie Mord und
Totschlag - ist die hinreichende Schwere auch im Einzelfall schon durch
das verletzte Rechtsgut indiziert, bei anderen bedarf sie der
eigenständigen Feststellung. Die besondere Schwere der Tat im Einzelfall
kann insbesondere durch die faktische Verzahnung mit anderen
Katalogstraftaten oder durch das Zusammenwirken mit anderen Straftätern
begründet werden. |
Diese Lage ist bei einem arbeitsteiligen, gegebenenfalls auch
vernetzt erfolgenden Zusammenwirken mehrerer Täter im Zuge der
Verwirklichung eines komplexen, mehrere Rechtsgüter verletzenden
kriminellen Geschehens gegeben, wie es der verfassungsändernde
Gesetzgeber für die Organisierte Kriminalität als typisch angesehen hat.
Für die ebenfalls aufgeführten Straftaten des Friedensverrats, des
Hochverrats und bestimmter Delikte der Gefährdung des demokratischen
Rechtsstaats kann Gleiches gelten. Dass der Gesetzgeber an solche
Tatkomplexe gedacht hat, wird insbesondere daraus ersichtlich, dass er
ausweislich der Gesetzesmaterialien hoffte, mit dem Instrumentarium des
Art. 13 Abs. 3 GG auch an Hauptverantwortliche, Organisatoren,
Finanziers und Drahtzieher heranzukommen (vgl. BTDrucks 13/8651, S. 9).
Zwar kann sich die Schwere der Straftat nur auf die jeweils begangene
Tat beziehen, nicht etwa auf erst zukünftig zu erwartende Taten.
Insoweit aber kann der Unrechtsgehalt des gesamten Tatkomplexes auf die
Bewertung der Tat als schwer zurückwirken.
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Im
Anschluss daran gelangt das BVerfG zu einem genialen, weil einfachem
Ergebnis: Besonders schwere Kriminalität sind solche Straftaten, die im
Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren Dauer bedroht
sind (ebenda Rn 238), also grundsätzlich alle Verbrechen: |
Von der besonderen
Schwere einer Straftat im Sinne des Art. 13 Abs. 3 GG ist nur auszugehen,
wenn sie der Gesetzgeber jedenfalls mit einer höheren Höchststrafe als
fünf Jahre Freiheitsstrafe bewehrt hat. Nach der gesetzlichen Systematik
wird in Tatbeständen mit einem fünf Jahre übersteigenden oberen Strafmaß
sogleich eine Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug oder mehr
normiert. Sie ist denjenigen Delikten vorbehalten, die ein besonders
schweres Tatunrecht aufweisen und damit den Bereich der mittleren
Kriminalität eindeutig verlassen. |
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Darüber hinaus zählt das BVerfG alle besonders schweren Fälle zu den
besonders schweren Straftaten, wenn zwar nicht das Grunddelikt, aber der
Qualifikationstatbestand mit einer höheren Strafe als 5 Jahre
Freiheitsstrafe droht (ebenda Rn 241): |
Keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken ist der Verweis auf solche
Qualifikationstatbestände ausgesetzt, die eine höhere Höchststrafe als
fünf Jahre unter spezifischen, in einem Qualifikationstatbestand
zumindest mit einem Regelbeispiel näher umschriebenen tatbestandlichen
Voraussetzungen vorsehen, wie etwa
§ 261 Abs. 4 StGB oder
§ 51 Abs. 2 WaffG.
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ungeklärt: "schwere" Kriminalität |
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Mit der
stimmigen Definition des BVerfG lässt sich jedenfalls die besonders
schwere Kriminalität von der mittleren abgrenzen, nicht jedoch die
mittlere von der schweren überhaupt.
Zur Lösung bietet das Gesetz zwei Wege:
1.
Wenn dem Landgericht als erstinstanzliches Tatgericht die schwere
Kriminalität vorbehalten bleiben soll, so kennzeichnet die auf vier
Jahre Freiheitsstrafe eingeschränkte Strafgewalt des Schöffengerichts
die obere Grenze der mittleren Kriminalität. Bei einer höheren
Straferwartung handelt es sich also um schwere Kriminalität.
Dem Strafrichter soll die einfache Kriminalität vorbehalten bleiben.
Seine prognostische Strafgewalt ist auf zwei Jahre Freiheitsstrafe
beschränkt und darf von ihm dann bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe
überschritten werden, wenn nach der Zulassung der Anklage zur
Hauptverhandlung Umstände zutage treten, die eine höhere Strafe
erforderlichen machen. Die oberste Grenze für die leichte Kriminalität
sind somit die Erwartung von höchstens zwei Jahre Freiheitsstrafe.
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2.
Im Hinblick auf die Verfolgungsverjährung weist das
Bundesverfassungsgericht alle Straftaten, die in § 78 Abs. 2, Abs. 3 Nr.
1 bis 3 StGB genannt werden, der besonders schweren Kriminalität zu. Es
verbleiben § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, wonach eine fünfjährige
Verjährungsdauer für Straftaten besteht, die im Höchstmaß eine
Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr und von höchstens fünf Jahren
androhen, und § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB, der alle übrigen Straftaten nach
drei Jahren verjähren lässt.
Straftaten mit einer angedrohten Höchststrafe von einem Jahr
Freiheitsstrafe gehören deshalb sicher zur leichten Kriminalität und die
der Nr. 4 zur mittleren. |
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ungeklärt: Gesamtstrafenbildung |
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Wenn keine
lebenslange Freiheitsstrafe angedroht ist, wird die zeitige
Freiheitsstrafe von
§ 38
Abs. 2 StGB auf 15 Jahre begrenzt. Dasselbe gilt für das Höchstmaß
der Gesamtstrafe (
§ 54 Abs. 2 StGB).
Die
Gesamtstrafe ist eine Besonderheit im deutschen Strafrecht, die andere
Rechtsordnungen nicht kennen und extremer lösen. Aus den USA ist die
Kumulation von Strafen bekannt. Dabei werden für alle Straftaten
Einzelstrafen gebildet und nacheinander vollstreckt. Das andere Extrem
ist die Einheitsstrafe, die auch im Jugendstrafrecht praktiziert wird (
§ 31 Abs. 1 JGG); es wird dabei eine Art pädogogisch sinnvolles "Paket"
gebildet.
Die Grundlage der Gesamtstrafe sind die Einzelstrafen, auf die das
Gericht wegen jeder einzelnen Straftat erkennt. Die höchste Einzelstrafe
bildet die Grundlage für die Gesamtstrafe. Sie wird "angemessen"
aufgrund der weiteren Einzelstrafen erhöht. Die alte Rechtsprechung des
BGH verlangte als Richtschnur, dass jede Einzelstrafe mit ihrer Hälfte
Bestandteil der Gesamtstrafe wird. Aus zwei Einzelstrafen von zwei und
einem Jahr Freiheitsstrafe werden deshalb einfach:
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2 Jahre (höchste Einzelstrafe)
+ 1/2 Jahr (Hälfte aus der zweiten Einzelstrafe)
= 2 Jahre 6 Monate Gesamtfreiheitsstrafe
Anerkannt ist, dass gleichartige Straftaten einen geringeren "Aufschlag"
auslösen und verschiedenartige einen höheren. Um in dem Beispiel zu
bleiben, dürfen die Verurteilungen wegen Betruges zu 2 Jahren
Freiheitsstrafe und wegen Straßenverkehrsgefährdung zu 1 Jahr
Freiheitsstrafe zwar nicht die Summe von 3 Jahren erreichen, wohl aber
wegen ihrer Verschiedenartigkeit 2 Jahre und 11 Monate. Umgekehrt darf
die Gesamtfreiheitsstrafe auf das Mindestmaß von 2 Jahre 1 Monat
verringert werden, wenn beide Straftaten von gleicher Art waren (
§ 39 StGB).
Nach der jüngeren Rechtsprechung ist jede Gesamtstrafenbildung
eingehend zu begründen, worauf die tatrichterlichen Urteile die Tendenz
zu einer milden Gesamtstrafenbildung zeigen.
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Über
die Gesamtstrafenbildung können Serientaten aus dem Bereich der
mittleren und sogar der leichten Kriminalität zu einer Freiheitsstrafe
von bis zu 15 Jahren führen.
Die Frage ist deshalb, ob Serientaten, die eine Straferwartung von
mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe begründen, der schweren Kriminalität
zuzuordnen sind.
Für den Einsatz von Vertrauenspersonen ist anerkannt, dass Straftaten
aus dem Bereich der mittleren Kriminalität jedenfalls dann den Einsatz
rechtfertigen, wenn sie in ihrer "Gesamtschau" eine besondere
Gefährlichkeit oder Beeinträchtigung der Öffentlichkeit bedeuten.
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Dieser Ansatz scheint
mir auch vernünftig zu sein. Er führt dazu, dass die leichte
Kriminalität niemals zur besonders schweren werden kann, auch wenn sie
serienmäßig erfolgt. Die mittlere Kriminalität kann hingegen wegen ihrer
gesteigerten Gefährlichkeit zur schweren Kriminalität erwachsen, wenn
sie systematisch und wiederholt ausgeführt wird. Das ist eine ganz
ähnliche Situation wie bei den vom BVerfG gebilligten
Qualifikationstatbeständen und findet seinen Rückhalt auch in dem Willen
des Gesetzgebers, dass auch die unbefristete Sicherungsverwahrung bei
schweren wirtschaftlichen Schäden angeordnet werden kann, wobei die
Gesamtheit der Straftaten betrachtet werden muss (
§ 66 StGB).
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Fazit: Gruppenbildung |
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Trotz der
aufgezeigten Unsicherheiten kann auf der Grundlage dieser Überlegungen
mit einer hohen Geltungsgüte eine Zuordnung geleistet werden.
Leichte
Kriminalität ist im Anschluss an die kurze Verjährungsfrist in § 78 Abs.
3 Nr. 5 StGB jede Straftat, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe
von einem Jahr bedroht ist und die auch im Wege der Gesamtstrafenbildung
die (prognostische) Strafgewalt des Strafrichters nicht überschreitet (zwei
Jahre Freiheitsstrafe).
Die
mittlere Kriminalität umfasst alle übrigen Vergehen, wenn sie nicht
jedenfalls wegen ihrer Qualifizierungstatbestände zur besonders schweren
Kriminalität zählen (Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren Dauer)
oder wegen der Gesamtstrafenbildung nach der Strafgewalt des
Landgerichts verlangen (Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren).
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Die schwere
Kriminalität umfasst alle Verbrechen (Mindeststrafe ein Jahr
Freiheitsstrafe) und alle übrigen Qualifikationstatbestände für
Straftaten aus dem Bereich der mittleren Kriminalität, die eine
Höchststrafe von mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe anordnen. Wegen der
Straferwartung beginnt die schwere Kriminalität spätestend bei der
besonderen Strafgewalt des Landgerichts (vier Jahre Freiheitsstrafe und
mehr).
Besonders
schwere Kriminalität ist die, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von
mehr als
5 Jahren Dauer bedroht ist.
Ich bin der Meinung, dass im Zusammenhang mit Serientaten aus der
mittleren Kriminalität jedenfalls die Delikte zu den besonders schweren
Straftaten gehören, die bei der Gesamtstrafenbildung eine
Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren erwarten lassen.
Insoweit werde ich die Rechtsprechung weiter beobachten.
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Cyberfahnder |
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© Dieter
Kochheim,
11.03.2018 |