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Mit Berufshelfern sind Seelsorger, Rechtsanwälte und besonders Ärzte
gemeint
(1).
Zunächst: Sie dürfen die Aussage verweigern (
§ 53 Abs. 1 StPO). Das gilt auch für ihre Mitarbeiter (
§ 53a StPO), die das gleiche Recht haben, und ihre Aufzeichnungen (
§ 97 Abs. 1 StPO), die nicht beschlagnahmt werden dürfen
(2).
Sie dürfen auch nicht aussagen, weil sie damit Privatgeheimnisse
offenbaren würden (
§ 203 StGB).
Das Privileg des Berufshelfers schützt nicht ihn, sondern seinen
Schützling. Entbindet der Schützling seinen professionellen Helfer von
der Schweigepflicht, dann muss der Berufshelfer aussagen (
§ 53 Abs.2 S.1 StPO).
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Zwei konfliktgeladene Konstellationen sind von besonderem Interesse. Was
ist,
wenn
der Schützling verstorben ist, und was ist, wenn der Berufshelfer in
einen inneren Konflikt gerät, weil er über Exklusivwissen verfügt,
wonach
Andere äußerst gefährdet sind?
Eine dritte Konstellation lässt sich ganz einfach abhandeln. Sie
betrifft den Arzt, der im behördlichen Auftrag zum Beispiel eine
Blutprobe nimmt oder als Amtsarzt die Verhandlungsfähigkeit beurteilen
soll: Er wird im behördlichen Auftrag tätig und der Patient ist nur
bedingt zur Mitarbeit und Duldung verpflichtet. Äußert sich der Patient
unbedarft darüber hinaus, genießt er keinen besonderen Schutz. Der
Amtsarzt darf und muss aussagen, weil er im öffentlichen Auftrag handelt
und der Patient ihn nicht privat um Rat gefragt hat.
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der verstorbene Patient |
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Die Entscheidungen für diesen Fall sind so alt, dass ich sie gar nicht
erst im Internet suche.
Eine alte Dame - Witwe - hat einen noch älteren Lebenspartner
gefunden, den sie sprichwörtlich tot pflegt. Kurz vor seinem Tod ändert
der alte Herr sein Testament und setzt seine Pflegerin zur Alleinerbin
ein.
Sehr zum Unwillen seiner leiblichen Kinder, die geraume Zeit nichts
mehr mit ihm zu tun hatten.
Im Erbscheinverfahren behaupten sie jedenfalls, dass ihr Vater nicht
recht bei Sinnen war, also nicht testierfähig, und dass ihnen das Erbe
zustehe.
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In dem amtsgerichtlichen Verfahren tritt schließlich der Sohn der
Pflegerin auf, sagt, dass er Arzt sei und dass er den Verstobenen bis zu
dessen Tod betreut habe. Dieser sei an seinen altersbedingten
biologischen Einschränkungen verstorben und habe bis zuletzt ein klares
Bewusstsein gehabt. Seine Einsichts- und Testierfähigkeit sei aus seiner
Sicht, des ärztlichen Zeugen, nicht eingeschränkt gewesen.
Die alte Dame gewinnt darauf den Prozess und wird Erbin.
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Die prozessunterlegenen Gegner nahmen ihre Niederlage zum Anlass, den Arzt
wegen der Offenbarung von Privatgeheimnissen anzuzeigen. Das weise
Schlusswort hat der BGH gesprochen, indem er den Arzt freisprach.
Die Begründung: Der Arzt muss selber entscheiden, ob es im
mutmaßlichen Interesse seines verstorbenen Patienten ist, Auskünfte über
dessen Krankengeschichte, den medizinischen Zustand, die ärztlichen
Diagnosen und die Therapie zu machen. Kommt er zu dem Ergebnis, dass dem
das mutmaßliche Interesse widerspricht, hat er das
Aussageverweigerungsrecht des
§ 53 Abs. 1 StPO. Kommt der Arzt zu dem Ergebnis, dass es im
mutmaßlichem Interesse seines verstorbenen Patienten ist, auszusagen,
darf er auch nicht nach
§ 203 StGB bestraft werden. Die Entscheidung des Arztes darf
außerdem von der
Rechtsprechung nicht überprüft oder in Frage gestellt werden.
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Wegen der Besonderheiten im Erbscheinverfahren, in dem die
Testierfähigkeit des Verstorbenen in Frage steht, stellt der BGH
folgende Erwägungen an: War der Patient zum Zeitpunkt seiner Erklärung
nicht in seiner Testierfähigkeit eingeschränkt, dann ist es sein
fortwirkendes Interesse, dass sein behandelnder Arzt auch genau das
bekundet, damit seinem Willen entsprechend verfahren wird. War der
Patient hingegen in seiner Testierfähigkeit eingeschränkt, muss er auch
deswegen geschützt werden. Sagt der Arzt aus und bekundet, dass der
Patient eingeschränkt handlungsfähig war, dann ist genau das auch eine
Aussage, die im mutmaßlichen Interesse geboten ist. Sie ist zwar
abstrakter, wenn man so will: bevormundend, aber ebenso zum Schutz des
Verstorbenen geeignet.
Wie gesagt: Eine weise (und schon sehr alte) Entscheidung. |
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gefährdete Dritte |
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Wie ist mit dem Arzt umzugehen, der von seinem Patienten oder von dessen
Untersuchungsergebnissen Kenntnisse erlangt, die ihn befürchten lassen,
dass sich der Patient oder Dritte in einer akuten Gefahr befinden? Sein
Patient will sich aber nicht selber gegenüber den
Strafverfolgungsbehörden offenbaren. Der Arzt hingegen gerät durch sein
Wissen in einen tiefen inneren Konflikt. Er weiß, dass er an seine
Schweigepflicht gebunden ist und er will sich auch streng an seine
Berufspflichten halten. Andererseits sieht er seine eigene Ohnmacht,
indem er Befürchtungen hat, dass entweder seinem Patienten oder Dritten
existentielle Nachteile drohen, wenn nicht irgendetwas geschieht.
Die einzige strafrechtliche Lösung dieses Konflikts liefert eine
Vorschrift mit Ausnahmecharakter. Gemäß
§ 34
StGB wird derjenige nicht bestraft, der nach seiner inneren
Güterabwägung zu der Überzeugung gelangt, dass seine Pflichtwidrigkeit
weit hinter dem gefährdeten Interesse überwiegt.
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Diese Vorschrift ist überschrieben mit dem Begriff
rechtfertigender Notstand. Sie ist kein
Freifahrtschein für jedes gesetzwidrige Handeln, sondern bietet in
besonderen Konfliktsituationen und ausnahmsweise einen Rettungsanker, um
ungerechte strafrechtliche Folgen zu vermeiden. Entgegen den obigen
Ausführungen zur Güterabwägung des Arztes wegen des mutmaßlichen
Interesses seines verstorbenen Patienten, die der BGH der Rechtsprechung
entzogen hat, ist die Anwendung des
§ 34
StGB eine ureigene Aufgabe der Strafverfolgung. In diesem
Zusammenhang kann sich der Berufshelfer nicht auf seine innere
Überzeugungsbildung zurück ziehen, sondern muss die Einzelheiten seiner
Er- und Abwägungen kundtun und einer rechtlichen Überprüfung öffnen. Er
muss sich rechtfertigen. Dem entgegen kann der zunächst entscheidende
Staatsanwalt und womöglich ein oberstes Bundesgericht die
Lage
anders sehen.
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Anmerkungen |
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(1)
beratende Tätigkeiten
(2)
Buchführung beim Steuerberater
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Cyberfahnder |
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© Dieter Kochheim,
11.03.2018 |