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November 2009
21.11.2009 Journalismus
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift sinkender Qualitätsjournalismus

 

 Ausschnitt aus dem witzigen Cover (1)
 

 
Stumberger berichtet in über eine Untersuchung der Hochschule Darmstadt, die einen Rückgang der journalistischen Güte feststellt (3). Der Grund dafür läge in den seit der Finanzkrise schlechter gewordenen Rahmenbedingungen (4).

Eine eigene Definition des Gegenstandes unternimmt die Studie nicht. Ein von ihr aufgegriffenes Zitat umschreibt, was gemeint ist: „Qualitätsjournalismus ist für mich ein empiriegesättigter Journalismus, ein erfahrungsgesättigter. Er muss recherchieren, sprachlich seine Ergebnisse gut präsentieren. Er sollte den Rezipienten beim Wirklichkeitsverständnis helfen“. (5)

Gefordert werden unbenannte Qualitätsmaßstäbe, die sich in inhaltlicher Tiefe, einer gesicherten Informationsbasis und jedenfalls nicht in Popularität und Populismus ausdrücken. Stumberger greift eine andere Stelle der Studie auf: ... die Kernaufgabe von Journalisten bestehe darin, Öffentlichkeit für alle gesellschaftlichen Probleme und Tatbestände herzustellen, und zwar in einer verständlichen Weise.

Stumberger weist darauf hin, dass die Verlage verstärkt dazu übergegangen seien, freie und schlechter bezahlte Mitarbeiter zu beschäftigen (siehe links). Wer für seine Beiträge zu wenig Geld bekomme, habe auch keine Möglichkeit zur tiefen und gesicherten Recherche

Weitere Probleme sieht er beim Nachwuchs. Er entstamme zumeist aus der angepassten, unkritischen Mittelschicht. Zudem würden die Absolventen von Journalismus-Schulen nur das Schreiben als solches lernen und dabei sei die Rolle des anwaltschaftlichen Journalismus verloren gegangen.
 

 
Die Arbeitsbedingungen und Einkommen sind zweifellos Indikatoren, die die professionelle Qualität behindern. Umgekehrt bedeuten mehr Zeit und mehr Geld nicht zwangsläufig, dass die Qualität steigt.

Dazu müssen weitere Faktoren hinzukommen, vor Allem Allgemeinbildung, Sachkenntnis, Neugier, soziale Kompetenz und detektivischer Spürsinn. Insoweit sind sich gute Journalisten und gute Ermittler sehr ähnlich.

Der Mangel daran zeigt sich mir immer wieder in der Berichterstattung über Strafverfahren, wobei ganz häufig einseitige und interessenausgerichtete Statements von Verteidigern ungeprüft und unhinterfragt übernommen werden und auch einfache verfahrensrechtliche Situationen unbekannt sind.

Eines der häufigsten Beispiele dafür ist die Rede davon, dass die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl erlassen habe. Den kann sie jedoch nur beantragen, anordnen muss ihn ein Richter.

Ob diese Erfahrungen übertragbar sind, weiß ich nicht, vermute es aber.

Auch ich habe keine einfache Lösung parat.

Der Autorenreport von 1972 empfahl - kurz gesagt - die  gewerkschaftliche Organisation und die Schaffung sozialer Sicherungssysteme für Autoren (6). Auch das waren sinnvolle Forderungen in Bezug auf die Rahmenbedingungen, nicht aber zur Förderung der Qualität.

Sie kann eigentlich nur durch Selbstdefinitionen der Autorenvereinigungen und durch Anerkennung Dritter gefördert werden, die zum Beispiel Preise stiften und vergeben.
 

 

 
... die wirtschaftliche Lage der Verlage [habe] sich in den vergangenen Jahren durch Anzeigenrückgänge verschlechtert... Eine Folge ist die Ersetzung von festangestellten Redakteuren durch freie Journalisten, die schlechter bezahlt und somit kostengünstiger sind. Für diese Freien waren die vergangenen Jahre keine guten Jahre: Ein Drittel der Freien verlor wichtige Auftraggeber oder berichtete von Honorarkürzungen. Das durchschnittliche Einkommen der Befragten lag bei rund 2.000 Euro monatlich. Seit Mitte 2008, dem Beginn der Finanzkrise, verzeichnet jeder dritte freie Journalist deutliche Einkommenseinbußen. (3)
 
 

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(1) Ausschnitt aus dem Titelblatt der Studie (2)

(2) Geribert Jakob, Autorenteam der Forschungsgruppe Medien, Begrenzter Journalismus
Was beeinflusst die Entfaltung eines Qualitätsjournalismus?
MainzerMedienDisput November 2009

(3) Rudolf Stumberger, "Alles tun für einen festen Job", Telepolis 21.11.2009

(4) siehe auch Balz-Journalismus

(5) Volker Lilienthal laut Studie zu (2), S. 31
 

 
(6) stark ramponiertes Exemplar:
Karla Fohrbeck, Andreas J. Wiesand, Der Autorenreport, rowohlt 1972
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018