Cybercrime | Ermittlungen | TK & Internet | Literatur | intern | Impressum |
Januar 2010 |
|
|
||||||
Schaden und schadensgleiche Vermögensgefährdung |
|
Die Begriffe des Vermögens und des Vermögensschadens sind in beiden Strafvorschriften gleich (siehe links, BVerfG 2009 (2) ). Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Betrachtung des wirtschaftlichen Vermögenswertes vor und nach dem strafrechtlichen Ereignis erforderlich. Hat sich die Summe des Vermögens dadurch verringert, ist ein entsprechender Vermögensschaden eingetreten. Gefordert wird eine konkrete Vermögenseinbuße. Dabei ist das Vermögen als Ganzes zu betrachten, wobei Aktivtausche (5) summenneutral bleiben. So kann durch eine Zahlung zwar das Geldguthaben verringert sein, aber durch eine wertgleiche Forderung ausgeglichen werden. Forderungen unterliegen jedoch einem Realisierungsrisiko, so dass sich besonders in den Fällen des Eingehungsbetruges (6), bei dem der Täter über seine Leistungsbereitschaft oder -fähigkeit täuscht, und der Vergabe risikobehafteter Darlehn die Frage nach nach einer Wertberichtigung (Abschreibung (7)) stellt. Sie verringert das Vermögen in seiner Summe.
Unter dem
Begriff des Gefährdungsschadens (siehe
links) hat die Rechtsprechung auch gefährdete Vermögenswerte in den
Schadensbegriff einbezogen. Allein durch die Vermögensgefährdung wird
die Tat vollendet, obwohl sie sich erst durch ein späteres Ereignis zum
wirtschaftlichen Schaden vertieft (bei Fälligkeit ausbleibende
Zahlungen, Insolvenz usw.). |
Mit diesen fachgerichtlichen Konstruktionen hat sich Anfang 2009 das BVerfG auseinander gesetzt (siehe oben) (8) und aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen Grund zur Beanstandung gesehen.
Dabei ist die schadensgleiche Vermögensgefährdung nicht unproblematisch,
weil sie die konkreten Gefährdungen, die dem Vermögensstrafrecht inne
sind, in die Nähe abstrakter Gefahren rückt. Die Grenzen, die die
Rechtsprechung dazu entwickelt hat, betrachtet das BVerfG jedenfalls als
ausreichend.
|
|||||
Beeinträchtigung und Verlust | Erhöhung der Leistungswahrscheinlichkeit | ||||||
|
So gesehen muss die Vermögensgefährdung einen bezifferbaren, aber eben nur kleinen Schaden auslösen. Er muss betriebswirtschaftlich (sachverständig) belegt oder geschätzt werden. Damit stellt sich immer auch die Frage nach der Geringwertigkeit ( §§ 263 Abs. 4, 266 Abs. 2, jeweils in Verbindung mit § 248a StGB), die nicht nur nach Strafanträgen verlangt, sondern auch besonders schwere Fälle ausschließt.
Der 3.
Strafsenat scheint sich dem anzuschließen (siehe
unten und (13))
und die schadensgleiche Vermögensgefährdung auch im Hinblick auf die Untreue
aufzugeben. Bereits einen Tag später hat auch er sich mit dem
Eingehungsbetrug auseinander gesetzt (14),
ohne auf die Frage nach der Vermögensgefährdung einzugehen:
Entgegen
der Würdigung des Oberlandesgerichts tritt in den hier vorliegenden
Fällen betrügerischer Eingehung von Lebensversicherungsverträgen der
Schaden bei den getäuschten Versicherungsunternehmen nicht erst mit
Auszahlung der jeweiligen Versicherungsleistung, sondern bereits mit
Abschluss der Versicherungsverträge ein. (15) |
Im Ergebnis verlagert der BGH damit den Schadenseintritt in die Vergangenheit, so dass Thielmann und Groß-Bölting (17) mit einiger Berechtigung eine Verschärfung der Rechtsprechung erwarten. Ihr Aufsatz ist auch deshalb lesenswert, weil er sich ausgiebig mit der älteren Rechtsprechung auseinander setzt, in der die schadensgleiche Vermögensgefährdung entwickelt wurde. zum
Fazit |
|||||
missverständlich und entbehrlich | |||||||
|
|
|
|||||
Fazit | Schaden beim Skimming | ||||||
Es sind aber erst zwei Senate, die diese Linie fahren. Eine ständige Rechtsprechung kann erst noch entstehen, wenn sich dem die anderen Senate anschließen oder der Große Senat ein Machtwort spricht ( § 132 GVG).
Die neue
Rechtsprechung hat keine Auswirkungen auf meine rechtlichen Ausführungen
zum Skimming. Dort vertrete ich die Ansicht, dass in dem Moment, in dem
das Rechenzentrum der kartenausgebenden Bank nach dem Einsatz einer
gefälschten Zahlungskarte mit Garantiefunktion den Genehmigungscode "0"
sendet und den vom Geldautomaten geforderten Betrag - Auszahlungsbetrag
und Gebühr - gegen das bankeneigene cpd-Konto bucht, sei eine
schadensgleiche Vermögensgefährdung zulasten der Bank eingetreten (21).
Das ist bedeutsam wegen des mit dem Cashing auch verbundenen
Computerbetruges gemäß
§ 263a StGB, der mit dem Schadenseintritt vollendet wird. |
Die heute praktizierte Schadensabwicklung, die die Bankkunden faktisch von den Schäden freistellt und sie zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbünden verteilt, ist davon unabhängig, weil es sich dabei um eine Art Versicherungssystem handelt, das den Risikoausgleich vornimmt. Mit den ausgespähten Daten werden jedoch die betroffenen Kunden unmittelbar angegriffen. Würde das System der Schadensabwicklung fehlen, dann blieben ihre Vermögen vom Cashing belastet und die Finanzwirtschaft hätte ein handfestes und existenzielles Vertrauensproblem. Die Schadensabwicklung führt auch nicht dazu, dass im Saldo der
Bankkunde nicht geschädigt wäre. Abzustellen ist mit dem 3. Strafsenat
des BGH auf den Zeitpunkt des Ereignisses und das ist die Genehmigung
der Auszahlung, von der an die Belastung des Kundenkontos droht, und
spätestens die Realisierung des Schadens, die im Zuge des
Clearingverfahrens mit der Buchung gegen das Konto des Kunden erfolgt.
Spätestens damit ist der handfeste Schaden beim Kunden eingetreten.
Alles Nachfolgende ist vertrauensbildende Kompensation. |
||||||
Anmerkungen | |||||||
(2) BVerfG, Beschluss vom 10.03.2009 - 2 BvR 1980/07, Leitsatz 4 (3) ebenda (2), Leitsatz 5 (4) ebenda (2), Leitsatz 6 (8) (2) (9) BGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 1 StR 731/08, Rn 14 (10) ebenda (9), Rn 12, Zitat mit Nachweis (11) ebenda (9), Leitsatz 1
(12)
ebenda
(9), Leitsatz 2 |
(14) BGH, Urteil vom 14.08.2009 - 3 StR 552/08
(15)
ebenda
(14), Rn 144. (16) ebenda (14), Rn 155 (17) Jochen Thielmann, Andrea Groß-Bölting, Die "signifikante Erhöhung der Leistungswahrscheinlichkeit" als Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB, hrr-strafrecht Januar 2010 (18) ebenda (13), Rn 23 (19) ebenda (13), Rn 24 (20) ebenda (13), Rn 25 (21) Kochheim, Skimming, 12/2009, Seite 13, 14, 17 |
||||||
Cyberfahnder | |||||||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |