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Januar 2010 |
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der tägliche Kram |
Ein unkorrekter Ausbruch |
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Der Berufsalltag birgt immer Überraschungen und gewisse Erscheinungen erschweren die Arbeit und fördern den Frust. Sie sind Ausnahmen und verstellen den Blick auf die hervorragende Arbeit anderer. Ein wesentliches staatsanwaltschaftliches Prüfungsschema lautet:
Bin ich zuständig? Es führt in Einzelfällen dazu, dass Kollegen ihre in aller Regel mehrbändigen Akten mit der Forderung schicken, die Verfahrensbearbeitung (zum Beispiel) in die OK-Abteilung zu übernehmen, weil es sich ausweislich Blatt irgendwo um Bandenkriminalität handelt. Mehr nicht. Kein Wort zum Sachverhalt, keine kritische Auseinandersetzung mit ihm und vor allem kein Wort dazu, warum es sich in diesem besonderen Fall um Organisierte Kriminalität handeln soll. Mündlich und in vertrauter Umgebung erfährt man dann allenfalls noch, dass "solche Verfahren" von einem normalen Dezernenten gar nicht bearbeitet werden können. Das Aktenstudium darf dann der Adressat leisten. Nun ist Bandenkriminalität in der Tat häufig mit Organisierter Kriminalität
verbunden. Aber keineswegs immer. Hilfreich ist der
Kriterienkatalog, der jedem Kollegen zugänglich ist. |
"Normale" Staatsanwälte stehen unter dem Druck hoher Eingangszahlen und damit verbunden, die Verfahren abschließend zu bearbeiten. Für die Verfahrensbearbeitung im Einzelfall bleibt dabei nicht viel Zeit. Dieser Druck lastet hingegen auch auf "speziellen" Dezernenten, die sich etwa auf das Wirtschaftsstrafrecht, Rauschgiftdelikte, Umweltstraftaten oder sexuelle Gewalttäter spezialisiert haben. Spezialisierung ist immer dort sinnvoll, wo eine rechtliche Materie besonders schwierig ist und Erfahrungs- und Hintergrundwissen die Verfahrensbearbeitung erleichtert oder die Gradlinigkeit der Ermittlungen fördert. Diese Verfahren stellen in aller Regel höhere Anforderungen an die Sachbearbeitung und lassen sich selten mit einem Federstrich abschließen. Das heißt aber nicht, dass "normale" Dezernenten von der Aktenbearbeitung ausgeschlossen sind. Nirgendwo in der StPO steht, dass bestimmte Ermittlungsmaßnahmen nur von geadelten OK-Staatsanwälten durchgeführt und nur an einer Stelle steht, dass bestimmte Kriminalitätsformen von besonders bestellten Staatsanwälten bearbeitet werden müssen: § 36 JGG.
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kriminalistische Erfahrungen | Fakten und Moden | ||
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Dabei kann es sich um einen mehrseitigen Polizeibericht handeln, der nur zwei Fakten enthält: In zwei aufeinander folgenden Nächten sind dann zwei Autos der gleichen Marke an zwei weit auseinander liegenden Stellen der Stadt gestohlen worden. Daneben enthält er weitschweifige Ausführungen über international tätige Tätergruppen und durch nichts beweiskräftig unterlegte Behauptungen, sie seien auch in dieser Stadt tätig, und am Ende wird mit viel kriminalistischem Unfug entwickelt, dass international tätige Bandendiebe im Spiel sind. Das würde dann den Einsatz aller Maßnahmen rechtfertigen, die die StPO hergibt.
Die
polizeiliche Methodik, die das erlaubt, ist die "Analyse und
Auswertung", die sich kriminalistischer Erfahrungen bedient, um Tat- und
Täterzusammenhänge zu erkennen und daraus Ermittlungsstrategien zu
entwickeln. Sie hilft dabei, Ermittlungen und den Blick auf das
Wesentliche zu konzentrieren. Dazu ist sie gut geeignet und wichtig. |
Zu fordern sind: "Fakten! Fakten! Fakten!" Die schlechten Beispiele, die meinem fiktiven Beispiel zugrunde liegen, gründen auf dem persönlichen Engagement einzelner Polizisten und auf strategischen polizeilichen Schwerpunkten. Das polizeiliche Augenmerk auf bestimmte Kriminalitätsformen zu konzentrieren, ist eine sinnvolle Sache, wenn es um bisher vernachlässigte Deliktsfelder geht. Aber auch hier gilt es, professionelles Augenmaß und den Blick auf die Tatsachen zu behalten.
Polizeiliche Schwerpunkte sind in aller Regel nicht falsch gewählt. Dort
aber, wo sie nicht die Gefahrenabwehr, sondern die Strafverfolgung
betreffen, bedürfen sie der leitenden Steuerung der Staatsanwaltschaft.
Das wird im Übereifer manchmal vergessen. |
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Standards | Sammelvorgänge | ||
Ärgerlich wird das, wenn man die polizeilich vorgeschlagenen Ermittlungsmethoden allein deshalb vorhersagen kann, weil die Ermittlungspersonen aus einer bestimmten Polizeibehörde stammen. Dann stößt der Staatsanwalt auf Überraschung und Unverständnis, wenn er sagt, man müsse zunächst ihn überzeugen, bevor er einen gerichtlichen Beschluss beantrage.
Ärgerlich
ist es auch, wenn aus nichtigen Tatsachen und windigen Annahmen
plötzlich ein "dringender Verdacht" wird. Dieser Fachbegriff ist allen
Ermittlern geläufig und kennzeichnet einen besonders starken Verdacht,
der die Untersuchungshaft rechtfertigt. Sowas schreibt man nicht, wenn
eine Durchsuchung angeregt wird. |
Nichts gegen die Erkennung von Zusammenhängen und Aufklärung von Straftaten. Für die Verbindung von getrennten Verfahren ist es immer noch früh genug, wenn man den Tatnachweis wirklich führen kann. Dazu sind keine Sammelverfahren nötig, die wegen Nichtigkeiten zusammen geführt werden.
Die
Zusammenführung von ungeklärten Einzelfällen hat den besonderen Charme,
dass am Ende die polizeiliche Aufklärungsstatistik mit Erfolgen gespeist
werden kann, die keine sind, weil es trotz der Zusammenführung zu keiner
Anklage und Verurteilung kommt. Der vage Zusammenhang ist noch kein Anfangsverdacht
und auch dieser
rechtfertigt noch lange keine Verurteilung. |
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eins - zwei - drei - Bande | Fazit | ||
Das verlangt nicht nach einem feierlichen Bandengelöbnis oder einem schriftlichen Vertrag, wohl aber nach Anhaltspunkten, die die Absicht zur Zusammenarbeit und zur Wiederholung belegen. Besonders schwierig ist das, wenn nur ein einzelner Fall bekannt ist. Auch dann ist die Annahme einer Bande nicht ausgeschlossen. Besondere Tatwerkzeuge, geschultes und für Erfahrung sprechendes Vorgehen sowie Besonderheiten bei der Zusammenarbeit der Täter können die Bande belegen. Gefordert sind gesicherte Tatsachen, die solche Schlussfolgerungen rechtfertigen. Gerne gesprochen wird vom modus operandi, also der besonderen Handschrift der Täter bei ihrem Vorgehen. Tatsächlich gibt es solche Besonderheiten und geeignete Modi. Dieselbe Art von Beute, die Massenware oder Geld ist, oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe sind hingegen ohne Aussagewert.
Zählen
können die Kollegen: Eins - zwei - drei ... |
Er ist ein Appell an alle Beteiligten, ihre Arbeit und ihre Partner ernst zu nehmen. Übereifer und voreilige Schlüsse sind menschlich und Ausrutscher gibt es immer Mal. Wenn sie sich jedoch zur Regel verdichten, dann ist Vorsicht geboten. Völlig zu Recht hat das BVerfG bloßes Gerede, nicht überprüfte Gerüchte und Vermutungen als Begründungsersatz angeprangert. Windige Begründungen rächen sich spätestens in der gerichtlichen Hauptverhandlung. Im Verlauf der Zeit lernt man die persönlichen Stärken und Schwächen der Leute kennen, mit denen man zu tun hat. An dem Vertrauen zueinander ist zu arbeiten und das verlangt zunächst von Jedem, seine Arbeit anständig zu machen. Fehler geschehen, müssen benannt und akzeptiert werden. Sie dürfen sich jedoch nicht wiederholen. Ein hoher Anspruch? Ja! An mich und den Leuten, mit denen ich täglich zu tun habe. |
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Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |