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Oktober 2011 |
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Verwertungsverbot nach Durchsuchung |
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Ein Drogendealer wurde samt seiner Freundin nächtens gegen 22:00 Uhr festgenommen. Seine Telekommunikation wurde schon länger als einen Monat überwacht. Das setzte einen gerichtlichen Beschluss voraus, in dem der Verdacht einer besonders schweren Straftat (nach Maßgabe des Straftatenkatalogs des § 100a Abs. 2 StPO) geprüft und bestätigt worden war. Nun will die Polizei auch die Wohnung der Verdächtigen durchsuchen und wendet sich an den Eildienst-Staatsanwalt. Ein Ermittlungsrichter ist seit 21:00 Uhr nicht mehr zu erreichen (Beginn der "Nachtzeit" i.S.v. § 104 Abs. 3 StPO) und der Staatsanwalt ordnet irgendwann zwischen 22:00 und 23:00 Uhr wegen Gefahr in Verzug die Durchsuchung an, ohne allerdings seine Entscheidung schriftlich zu fixieren. Das geht aber nicht, sagt der 3. Strafsenat des BGH. Schon am Nachmittag des betreffenden Tages habe die Polizei Personal zusammengezogen, um genau eine solche Durchsuchung in der schon bekannten Wohnung der Verdächtigen durchzuführen. Dann hätte sie auch schon am Nachmittag eine gerichtliche Anordnung herbeiführen können. Das Zuwarten bis nach der Festnahme sei nicht richtig gewesen, deshalb sei die Durchsuchung rechtswidrig gewesen und unterliegen die dadurch gewonnenen Beweismittel einem Beweisverwertungsverbot. Diese Entscheidung ist aus mehreren Gründen fadenscheinig und fragwürdig. Die Mitglieder des 3. Strafsenats belehren in geschlossenen Versammlungen fürsorglich die ihnen unterstellten Landgerichtskammern darüber, wie man richtig Recht spricht und fordern die Kollegen zum Mut auf. Zum Beispiel dazu, ausufernde Beweisanträge nach Fristsetzung wegen Verschleppungsabsicht abzulehnen. Wenn die Vorderrichter das dann tun und es zum Schwur kommt, wird das Urteil aufgehoben und ein falsch verstandener Disput zwischen den verschiedenen Strafsenaten deklariert (3). In einer ähnlichen Veranstaltung im Herbst 2010 meinte einer der hohen Kollegen süffisant bemerken zu müssen, dass es verwunderlich sei, dass sich zu einem brisanten Problem (Verwertbarkeit von zulässig erhobenen Vorratsdaten nach der Entscheidung des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung) offenbar nur Staatsanwälte geäußert und dazu genug Zeit hätten. Ihrer Meinung zu folgen sei der Senat aber nicht geneigt. Dass eben jene Staatsanwälte ihre Aufgabe ernst nehmen (4), beliebte der hohe Kollege nicht in Betracht zu ziehen. Unter dem Druck zwei anderer Senate entschied dann auch der 3. Strafsenat so, wie es die punkigen Staatsanwälte vorgezeichnet hatten (5) - nicht ohne der Staatsanwaltschaft Verden aus förmlichen Gründen noch ein's auf die Glocke zu geben. Das BVerfG verlangt ein Verwertungsverbot dann, wenn rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde. Wo diese Grenze überschritten sein soll, nachdem das berufene Gericht wegen einer erheblich nachhaltigeren Eingriffsmaßnahme - Anordnung der TKÜ und wahrscheinlich auch einer längerfristigen Observation - die Zulässigkeit dieser Maßnahmen anerkannt hat, verschließt sich dem geneigten Betrachter. Blankett-Durchsuchungsbeschlüsse nach dem Motto: Durchsucht wo immer ihr wollt, wenn es etwas mit dem Fall zu tun hat, sind unzulässig. Die Antwort auf die Frage, ob die Polizei schon eine sichere Kenntnis davon hatte, dass nur die Wohnung der Verdächtigen als Durchsuchungsort in Betracht kommen würde, bleibt der BGH schuldig. Jedenfalls der BtM-Bunker hätte irgendwo anders sein können - sagt mir die kriminalistische Erfahrung. Für alle Eingriffsmaßnahmen werden konkrete Anhaltspunkte verlangt - und das hätte ich auch gerne so. Die Durchsuchung ist streng ortsbezogen. Auf diesen Fall bezogen: Wenn ich aus der TKÜ die Erkenntnis ziehe, dass in der Wohnung des Beschuldigten Beweismittel lagern könnten, dann muss ich auch vor einem Zugriff die nötigen Durchsuchungsbeschlüsse anregen und beantragen. Wenn das nicht der Fall ist? Dann wünsche ich mir an erster Stelle einen BGH-Richter, der nach einem vollen und anstrengenden Arbeitstag nächtens schlaftrunken am Handy zu einer Eingriffsentscheidung Rede und Antwort steht und dann einen genialen Vermerk über seine Anordnungen verfasst. Am besten um 4:30 Uhr, nachdem er bereits um 3:30 Uhr das erste Mal aus dem Tiefschlaf gerissen worden war. Was soll der betroffene Staatsanwalt machen? Er ist zu einer Entscheidung verpflichtet und muss gegenwärtigen, dass kein Ermittlungsrichter erreichbar ist. Er muss entscheiden und soll er nächtens sagen: Nö, dann strafvereiteln wir mal? Er hat die Aufgabe, egal ob abgespannt, kaputt oder aus dem Schlaf gerissen darüber zu entscheiden, ob eine verhältnismäßig flache (von den gesetzlichen Voraussetzungen her), aber grundrechtlich äußerst schwere Maßnahme durchgeführt werden soll. Soll er Bedenken anmelden, nachdem ein anderer Kollege in Ruhe die Rechtslage geprüft und ein Gericht sogar die TKÜ angeordnet hat? Auf der nach oben hin offenen Skala der Weltfremdheit, auf der bislang eine Bundesministerin und ein Bundesbeauftragter die Marker für die Höchstwerte setzen, kandidiert diese Entscheidung für mindestens eine Spitzenposition.
Sie disqualifiziert sich bereits dadurch, dass sie von Hilfsbeamten
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Anmerkungen | ||
(2) Das sind jetzt "Ermittlungspersonen": § 152 Abs. 1 GVG. (3) BGH, Beschluss vom 20.07.2011 - 3 StR 44/11 (4) Leitungsbefugnis und Verwertungsverbote, 09.10.2011 (5)
Verwertung von Vorratsdaten, 25.02.2011 |
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Cyberfahnder | ||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |