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Mai 2010
14.05.2010 Beweise
     
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Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind oder bei verschiedenen be- und entlastenden Indizien der Tatrichter diese zwar jeweils im Einzelnen gewürdigt, jedoch keine ausreichende Gesamtwürdigung vorgenommen hat; denn möglicherweise können mehrere Indiztatsachen in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln, selbst wenn diese jeweils für sich allein zum Nachweis der Täterschaft eines Angeklagten nicht ausreichen ... (3)
 

 
Im Revisionsverfahren werden Urteile darauf untersucht, ob sie Rechtsfehler aufweisen, die so durchgreifend sind, dass der Strafausspruch auf dem Fehler beruht ( § 337 Abs. 1 StPO).

Dem Revisionsgericht ist eine eigene Beweiswürdigung verschlossen. Es muss aber die Beweiswürdigung nachvollziehen und auf ihre Schlüssigkeit prüfen (1). Der BGH hat jetzt noch einmal darauf hingewiesen, dass verschiedene Anhaltspunkte, die für sich genommen einen geringen Aussagewert haben, im Zusammenspiel miteinander eine stärkere Geltung (2) erlangen können (3).
 

 
Andererseits wendet er sich dagegen, dass die Tatgerichte jede noch so weit hergeholte Behauptung des Angeklagten akzeptieren oder sogar im vorauseilenden Gehorsam zugrunde legen (4). In einem jungen Beispiel wendet er sich gegen "ungewöhnliche Feststellungen", die mit der Lebenserfahrung nicht mehr in Einklang zu bringen sind (5) [Kasten unten links]. Es leuchtet dem Gericht nicht recht ein, wie ein Brandstifter innerlich von seinem Tatvorsatz abrücken kann und sich dann plötzlich ganz ohne sein Zutun das von ihm in der Hand gehaltene Streichholz von selbst entzündet und damit auch den vom ihm ausgelegten Brandbeschleuniger. Ups! 

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Der Senat sieht sich mit Rücksicht auf die ungewöhnlichen Feststellungen und die ihnen zugrunde liegende Beweiswürdigung der Strafkammer veranlasst, darauf hinzuweisen, dass das Tatgericht eine Einlassung des Angeklagten auch dann nicht ohne Weiteres seiner Überzeugungsbildung unterstellen muss, wenn es an weiteren Beweismitteln fehlt. Die Einlassung ist auf ihre Plausibilität zu überprüfen und in die Gesamtschau der ansonsten festgestellten Tatumstände einzustellen. Vor diesem Hintergrund liegt das vom Angeklagten hier geschilderte Geschehen zur Entzündung des Gemisches nicht nur weit außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit. Gerade auch die mitgeteilte Art und Weise, wie der Angeklagte das entflammte Zündholz gelöscht haben will, erscheint im Hinblick auf die motorische Leistung und die damit einhergehende Umständlichkeit – trotz festgestellter Brandwunden an den Fingern des Angeklagten – kaum nachvollziehbar. (5)
 

 
Und schließlich kann der BGH auch richtig böse werden [Kasten rechts]. Eine solche Ohrfeige, wie die für das Landgericht Aachen, habe ich noch nicht erlebt (6).

 
Wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt, hätte der Angeklagte im Fall 4 der Urteilsgründe wegen versuchter Nötigung und im Fall 10 der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden müssen. Die verhängten Strafen sind unvertretbar milde, die Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 2 StGB ist nicht nachvollziehbar und widerspricht dem Gebot der Verteidigung der Rechtsordnung. All dies beschwert den Angeklagten jedoch nicht. (6)
 
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(1) BGH, Urteil vom 14.09.2004 - 1 StR 180/04; siehe Geltung und Wechselwirkungen, 29.11.2009

(2) Geltung von Beweisen und Erfahrungen, 29.11.2009

(3) BGH, Urteil vom 13.04.2010 - 1 StR 648/09 [Zitat: Rn 6]

(4) BGH, Urteil vom 15. 11. 2001 - 1 StR 185/01

(5) BGH, Beschluss vom 15.04.2010 - 5 StR 75/10 [Zitat: Rn 12]

(6) BGH, Beschluss vom 31.03.2010 - 2 StR 21/10
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018