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Ermittlungen
26.06.2011 Verdeckte Ermittlungen im Internet
     
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  Bedeutung von Grundrechten

 

 
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   Verdeckte Ermittlungen im Internet
Einleitung: Notwendigkeit und Grenzen
Maßnahmen im einzelnen
Ermittlungsmaßnahmen
 
besondere Rechtsfragen
 
Fazit
Bedeutung von Grundrechten

Vorrang der StPO
Scheingeschäfte und verdeckte Ermittlungen
 

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Berührungspunkte zwischen den verschiedenen Verfahrensordnungen ergeben sich besonders häufig zwischen dem polizeilichen Gefahrenabwehr- und dem Strafverfahrensrecht. Sobald die Voraussetzungen für eine strafverfahrensrechtliche Untersuchung vorliegen, ist nur noch die StPO ausschlaggebend, wie der BGH schon 1999 im Hinblick auf eine "Gemengelage" wegen beider Verfahrensordnungen ausgeführt hat (vorrang 1).

Eine Überschneidung kann frühzeitig eintreten, weil nach meiner Auffassung auch die Vorermittlungen einen Teil der strafrechtlichen Ermittlungen bilden (vorrang 2). Dieses Stadium ist unterhalb der Schwelle des Legalitätsprinzips angesiedelt ( § 152 Abs. 2 StPO) und dient der Überprüfung von "Merkwürdigkeiten" (vorrang 3). Dabei handelt es sich um Tatsachen, die sowohl eine natürliche Ursache haben, aber auch die Folge einer Straftat sein können. Wegen der Leichensachen hat der Gesetzgeber die Vorermittlungen ausdrücklich in der StPO geregelt (vorrang 4) und im übrigen einzelne Eingriffsermächtigungen so ausgestaltet, dass sie bereits während der Vorermittlungen anwendbar sind. Das sind zum Beispiel die Anhörungen ( § 163 Abs. 1 S. 2 StPO), förmliche Vernehmungen ( § 161 Abs. 1 StPO), behördliche Auskünfte ( § 161 Abs. 1 StPO), Beschlagnahmen ( §§ 94, 95 StPO) und Durchsuchungen ( §§ 102, 103 StPO) (vorrang 5). Die Ermächtigung der Polizei ergibt sich aus ihrem Recht zum ersten Zugriff ( § 163 Abs. 1 StPO).

Im Zusammenhang mit den personalen Ermittlungen im Internet sind Konflikte zwischen dem Gefahrenabwehrrecht und dem Strafverfahrensrecht im Anfangsstadium nicht zu erwarten, weil die Polizei von beiden Verfahrensordnungen zum Handeln in eigener Zuständigkeit ermächtigt wird. Beispiel gebend ist für mich das Niedersächsische SOG (vorrang 6), das Datenerhebungen und ihre Speicherung bereits zu Zwecken der Gefahrenabwehr zulässt. Diese polizeilichen Eingriffsrechte korrespondieren mit denen aus der Ermittlungsgeneralklausel (vorrang 7) in § 161 Abs. 1 StPO, so dass jedenfalls wegen der Datenrecherchen, der Einrichtung von Fake-Accounts unter Alias-Namen und der Kommunikation mit anderen Teilnehmern im Internet keine grundlegend unterschiedlichen Handlungsvoraussetzungen bestehen.

Spätestens sobald der Beamte Kenntnisse über konkrete Straftaten erlangt, wird er im Strafverfahren tätig ( § 163 Abs. 1, Abs. 2 StPO) und hat alle keinen Aufschub duldenden Ermittlungen vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften die Befugnisse besonders regeln ( § 163 Abs. 1 S. 2 StPO). Dazu gehört jedenfalls auch, die Erkundungen unter seinem Alias-Namen fortzusetzen.

Die Gründe dafür ergeben sich aus verschiedenen Gesetzen, die eine einheitliche Ausrichtung haben. Das Gerichtsverfassungsgesetz verpflichtet den Staatsanwalt dazu, sich allen Amtshandlungen zu unterziehen, bei denen Gefahr im Verzug ist ( § 143 Abs. 2 GVG) (vorrang 8). Er muss wegen aller verfolgbaren Straftaten einschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (Legalitätsprinzip, § 152 Abs. 2 StPO), wobei er die Polizei mit den Ermittlungen beauftragen kann, die ihm insoweit Folge zu leisten hat ( § 161 Abs. 1 S. 2 StPO). Beide sind deshalb verpflichtet, für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist ( § 160 Abs. 2 StPO).

Für die Fortsetzung der Kommunikation unter einem Alias gibt die Ermittlungsgeneralklausel in § 161 Abs. 1 StPO eine hinreichende Eingriffsermächtigung, so dass jedenfalls ein überhasteter Abbruch nicht geboten ist, wenn Straftaten zum Gesprächsthema werden. Wegen der Verabredung von Absatzgeschäften (Scheingeschäft) und für die längerfristige Kommunikation greifen dann die Besonderheiten des Strafverfahrensrechts, die strenger sind als die Generalklausel.
 

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Die Verhandlungen über Scheingeschäfte dienen ausdrücklich den Zwecken der Strafverfolgung und müssen sich nach deren Regeln richten (schein 1).

Im Zusammenhang mit polizeilichen Scheingeschäften fordert der BGH schon lange eine Gesamtwürdigung ..., nach der die entscheidende Frage zu beantworten ist, ob das tatprovozierende Verhalten des Lockspitzels ein solches Gewicht erlangt hat, dass demgegenüber der eigene Beitrag des Täters in den Hintergrund tritt (schein 2). Das setzt eine gefährliche Form von Kriminalität (schein 3) und einen tatgeneigten Täter voraus, der grundsätzlich zur Begehung einer Straftat bereit ist und mit dem nur noch die Einzelheiten des Geschäftes verhandelt werden müssen (schein 4). Diese Grenzen lässt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte genügen (schein 5).

Es gibt keine gesetzliche Vorschriften, die ausdrücklich das Scheingeschäft betreffen. Zum Einsatz kommt dabei in aller Regel ein "Nicht offen ermittelnder Polizeibeamter" - NoeP.

Sein Handeln ist im Einzelfall zulässig im Rahmen der "kriminalistischen List". Ihre Ausgestaltung muss sich an der Schwere der Kriminalität und Intensität des Eingriffs orientieren. Die einschlägigen Richtlinien verlangen spätestens dann eine staatsanwaltschaftliche Genehmigung des NoeP-Einsatzes, wenn im Einzelfall die Notwendigkeit besteht, die Identität des Beamten geheim zu halten (schein 6).

Die Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft ( §§ 160, 161 StPO) erfordert hingegen mehr, so dass sich in der Praxis weitgehend durchgesetzt hat, dass der NoeP-Einsatz in jedem Fall von ihr genehmigt werden muss - und sei es nachträglich. Er umfasst nämlich mehrere rechtlich bedeutende Aspekte:

Die Tatsache, dass ein NoeP eingesetzt wird. Das setzt eine Kriminalität von einiger Schwere voraus.

Rahmen und Grenzen des Einsatzes. Immerhin darf der NoeP nur im Einzelfall eingesetzt werden und sein Einsatz darf nicht zur Aushölung anderer Eingriffsformen führen (schein 7).

Geheimhaltung der Identität des NoeP. Seine Qualität als Beweismittel wird dadurch deutlich vermindert.

 


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Dieser Aufsatz beschäftigt sich ausschließlich mit den Personenbeweisen im Zusammenhang mit Internetrecherchen zur Strafverfolgung. Er widmet sich der Frage, was die Strafverfolger im Rahmen der Kommunikation im Internet dürfen und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.

Es geht insoweit nur um die interaktiven Ermittlungsmaßnahmen. Das sind die, bei denen der Ermittler persönlich mit technischen Prozessen und Personen interagiert. Davon abzugrenzen sind die technischen Werkzeuge zur Unterstützung und automatischen Ermittlungsmaßnahmen.


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Automatische Ermittlungsmaßnahmen sind solche, die ohne ständige menschliche Begleitung und Steuerung selbsttätig tatsächliche oder technische Prozesse überwachen oder vorgegebene technische Strukturen durchsuchen.


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(vorrang 1) BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99, Rn 52

(vorrang 2) Eingriffsrechte während der Vorermittlungen, 12.08.2009

(vorrang 3) Merkwürdigkeit, 12.08.2009

(vorrang 4) Vorermittlungen bei Leichensachen, 12.08.2009

(vorrang 5) Eingriffsrechte im Stadium der Vorermittlungen, 12.08.2009

(vorrang 6) Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung,
2. Abschnitt, Befugnisse zur Datenverarbeitung

(vorrang 7) BVerfG: Direkte Auskunft über Bestandsdaten, 15.06.2011

(vorrang 8) Den Anordnungen der Staatsanwaltschaft hat die Polizei (Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft) Folge zu leisten ( § 152 Abs. 1 GVG).

(schein 1) Siehe (vorrang 1), Rn 51

(schein 2) BGH, Urteil vom 23.05.1984 - 1 StR 148/84, Rn 7

(schein 3) Ebenda (schein 1)

(schein 4) Siehe (vorrang 1), Rn 55; keine Tatprovokation, 20.04.2008.

(schein 5) Grenzziehung vom EuGH, 20.04.2008

(schein 6) Nr. 2.9 Anlage D zu den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren - RiStBV

(schein 7) Ebenda (schein 6), Teil B. III.


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© Dieter Kochheim, 11.03.2018