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Rechte am geistigen Eigentum
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Schutz des geistigen Eigentums
  Gegenstand des Gesetzes
  Kritik
 
gewerbliches Ausmaß
 
Auskunftsanspruch gegen Provider
  gerichtliche Anordnung
 
Aufwände, Kosten und Abmahnung
  Gegenstandswert
  widersprüchliche und unklare Regeln
  teure Anordnung
  Landgericht als erste Instanz
 
Strafverfahren
  Kritik: Zuständigkeitsregeln
 
Abfrage von Bestandsdaten
  § 14 TMG
  Stand der juristischen Diskussion
 

 
13.04.2008: Mit § 14 Abs. 2 Telemediengesetz - TMG - vom 26.02.2007 hat der Gesetzgeber die grundsätzliche Entscheidung getroffen, dass die Auflösung dynamischer IP-Adressen auch dann zu den Bestandsdaten zählt, wenn dazu Verkehrsdaten benötigt werden.

Der Grund ist, dass dem Fragenden die Verkehrsdaten bereits bekannt sind ( nummerische IP-Adresse und UTC) und der zur Auskunft Verpflichtete nur einen Abgleich zwischen seinen Bestands- und Verkehrsdaten unternehmen muss. Das ist ein interner Vorgang, um den Kunden zu identifizieren, dem zu dem bereits bekannten Zeitpunkt die schon bekannte IP-Adresse zugewiesen war. Das Ergebnis der Prüfung  ist die Benennung des Kunden und somit die Mitteilung einfacher Bestandsdaten.

Eine entsprechende Regelung fehlt im Telekommunikationsgesetz - TKG, weshalb ich auch erst jetzt auf die TMG-Vorschrift ( Dank der Bundesregierung) aufmerksam wurde.

Das schadet aber nichts, weil § 14 Abs. 2 TMG eine Auslegungsregel ist, die auch für ähnliche Gesetze und somit auch für das TKG.

Damit sind viele offene Fragen gelöst ( Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenhaltung).
 

 
13.04.2008: Das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums führt einen privaten Auskunftsanspruch der Inhaber gewerblicher Schutzrechte gegenüber Zugangsprovidern ein. Das wird die Strafverfolgungspraxis vor Missbräuchen im Zusammenhang mit Abmahnungen entlasten.

Trotz der Deckelung der anwaltlichen Abmahnungsgebühren sind ganz erhebliche Kosten zu erwarten, die zunächst der Inhaber gewerblicher Schutzrechte tragen muss, wenn er sie verteidigen will. Das liegt vor Allem daran, dass ein Richtervorbehalt eingeführt wurde, der zudem systemwidrig den Landgerichten zugeordnet ist.

Der europarechtliche Rechtsbegriff gewerbliches Ausmaß wird neu eingeführt und verspricht erhebliche Interpretationsschwierigkeiten.

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Am 11.04.2008 hat der Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (1) in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (2) verabschiedet. Es tritt am 01.05.2008 in Kraft (Art 10).

Es handelt sich um ein Artikelgesetz, das verschiedene Gesetze über den gewerblichen Rechtsschutz an die Vorgaben des Europäischen Parlaments und des Rates umsetzt.

Betroffen sind das
Patentgesetz (Art 2),
Gebrauchsmustergesetz (Art 3),
Markengesetz (Art 4),
Halbleiterschutzgesetz (Art 5),
Urheberrechtsgesetz (Art 6),
Geschmacksmustergesetz (Art 7),
Sortenschutzgesetz (Art 8) und das
Gesetz über internationale Patentübereinkommen (Art 8a) sowie
Gebührenordnungen (Art 8b) und die
gerichtliche Kostenordnung (Art 1).
 

 
Die gewerblichen Schutzrechte in ihrer ganzen Breite sprengen den Rahmen und betreffen auch nicht die Interessen des  Cyberfahnders. Deshalb soll an dieser Stelle nur ein Blick auf den privaten urheberrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Zugangsprovider und auf die Neuregelungen zur Abmahnung geworfen werden.  

Das neue Regelwerk führt einen privaten Auskunftsanspruch der gewerblichen Schutzrechteeinhaber ein, was den absolut unbefriedigenden Zustand beendet, dass die Staatsanwaltschaften einer Rechtsverfolgung im Zusammenhang mit dem Internet vorgeschaltet und Missbräuchen zum Zweck von Massenabmahnungen ausgesetzt waren.

   

(1) Regierungsentwurf vom 20.04.2007, BT-Drs 16/5048

(2) Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 09.04.2008, BT-Drs 16/8783
 

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Die rechtsanwaltlichen Gebührenforderungen wegen Abmahnungen werden zwar im neu gefassten Urhebergesetz gedeckelt. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber aber ein gerichtliches Genehmigungsverfahren eingeführt, das deshalb außerordentlich kostenträchtig werden kann, weil es beim Landgericht angesiedelt wurde. Unbedarfte Gelegenheitsstörer sollen jedoch von der wirklich teuren Haftung ausgenommen werden, so dass die Rechteinhaber einem ganz erheblichen Kostenrisiko ausgesetzt werden.

Das Artikelgesetz ist hervorragend, weil es die Strafverfolgungsbehörden vor den Missbräuchen - vor Allem im Zusammenhang mit Massenabmahnungen wegen kleinlicher Verstöße - entlastet, und verheerend, weil es wegen des Richtervorbehalts und der Kompetenzzuweisung zum Landgericht eine Kostenexplosion verursacht und dadurch die Rechteinhaber unkalkulierbaren Risiken und die noch nicht gewerblich, aber schon geschäftlich handelnden Privatleuten einer nachhaltigen Kostendrohung aussetzt, die zu ihren betrieblichen Gewinnen in keinem Verhältnis stehen.
 

 
Über dieses Gesetz kann sich die Allgemeinheit freuen, weil sie von Ausgaben entlastet wird. Die betroffenen Schutzrechtinhaber und -verletzer werden von ihm unabsehbaren Risiken ausgesetzt, die ruinös sein können.

Freuen darf sich der Stand der Rechtsanwälte, weil ihre Gebührenforderungen im Zusammenhang mit den Abmahnungen zwar begrenzt, wegen des vorgeschalteten Verfahrens der gerichtlichen Anordnung aber offene Obergrenzen hat. Unter dieser Betrachtung ist das Gesetz sehr schlecht gelungen.
 

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Die Auskunftsansprüche gegen den Verletzer werden in § 101 UrhG neu geregelt.

Dazu wird eine Bagatellschwelle mit dem neuen Begriff des gewerblichen Ausmaßes eingeführt, die auch für die anderen Gesetzesänderungen gilt und aus der einschlägigen EU-Richtlinie abgeleitet wird (1, S. 38). Es bedeutet, dass die Handlung zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen wird. Handlungen, die von Endverbrauchern in gutem Glauben vorgenommen werden, sollen nach diesem Erwägungsgrund in der Regel nicht erfasst sein (ebenda). Dieser Begriff konkurriert mit dem des "geschäftlichen Verkehrs", der jedoch beim abschließenden Gesetzgebungsbeschluss durch das "gewerbliche Ausmaß" ersetzt wurde.

Eine genaue Definition ist nicht formuliert worden.

Bleiben wir beim Wortlaut des Regierungsentwurfs und der vom Rechtsausschuss wegen § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG eingefügten Erklärung: Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben (2, S. 35).

a) Nicht jede Verletzungshandlung des Endverbrauchers soll zu seiner Enttarnung führen.
 
b) Wohl aber häufige oder schwere Verletzungshandlungen.
 
 
c) Sobald die Rechtsverletzung als Lockmittel zum dauerhaften Geldverdienen eingesetzt oder mit ihr dauerhaft Geld verdient wird, ist sicherlich ein gewerbsmäßiges Ausmaß erreicht. Das Tatbestandsmerkmal könnte somit dem gewerbsmäßigen Handeln im materiellen Strafrecht sehr ähneln. Das ist eine Handlungsweise des Täters in der Absicht, sich durch die wiederholte Begehung einer Straftat eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
 
d) Durch die Betonung, dass auch die Schwere der Rechtsverletzung das gewerbliche Ausmaß begründen kann, muss jedoch angenommen werden, dass bereits Handlungen unterhalb der Schwelle der gewerbsmäßigen gemeint sind.
 
e) Der im Markenrecht bereits eingeführte Begriff des geschäftlichen Handelns ist vom Rechtsausschuss bewusst nicht übernommen worden. Der würde die Vermutung zulassen, dass bereits der Verkauf von zum Beispiel 10 neuwertigen Bekleidungsstücken kein privates, sondern ein geschäftliches Handeln wäre (3).

(3) LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 08.10.2007 - Az. 2/03 O 192/07, medien-internet-und-recht.de
 

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Der Auskunftsanspruch richtet sich gemäß § 101 Abs. 2 Nr. 4 UrhG auch gegen Dritte, die an der Herstellung, der Erzeugung oder am Vertrieb von geschützten Waren oder Dienste beteiligt sind.

Im Regierungsentwurf (1, S. 49) heißt es dazu: Durch die Regelung in Absatz 2 wird insbesondere ein Auskunftsanspruch gegenüber Internet-Providern geschaffen. Damit soll dem Rechtsinhaber eine Ermittlung des Rechtsverletzers ermöglicht werden.

Wenn der Zugangsprovider dazu jedoch auf Verkehrsdaten zurückgreifen muss ( § 3 Nr. 30 TKG), dann ist er erst zur Auskunft verpflichtet, wenn die zuständige Zivilkammer des Landgerichts am Sitz des Auskunftsverpflichteten die Auskunft angeordnet hat. Die Kosten dafür trägt der Verletzte. § 101 Abs. 9 UrhG lautet künftig (gekürzt):
 

 
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten ... erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. ... Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht statthaft. ... Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

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Entgegen  § 78 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - gilt in einem Verfahren nach dem Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit - FGG - kein Anwaltszwang. Das heißt aber nicht, dass sich der Verletzte nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann. Das wird eher der Regelfall sein.

Dessen Vergütung, die der Verletzte zunächst zahlen muss, richtet sich nach der Höhe des Gegenstandswerts ( § 2 Abs. 1 Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - RVG).

Wegen der Kosten des gerichtlichen Verfahrens und der anwaltlichen Kosten trifft das Artikelgesetz widersprüchliche Regelungen.

In das Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - Kostenordnung - wird ein neuer § 128c eingeführt. Danach betragen die Kosten für eine gerichtliche Entscheidung nach § 101 Abs. 9 UrhG 200 Euro. Nach der Gebührentabelle der Kostenordnung entspricht das einem Gegenstandswert von rund 95.000 Euro (Streitwert). Wenn man diesen Gegenstandswert auf die anwaltliche Vergütung überträgt, dann würde sich dessen Gebühr auf 1.277 Euro belaufen ( Gebührentabelle zum RVG).

Die bisherige Praxis geht bei normalen urheberrechtlichen Abmahnungen von Gegenstandswerten zwischen 3.000 und 10.000 Euro aus (4). Das führt zu Rechtsanwaltsgebühren zwischen 189 und 486 Euro.
 

 
Nach dem neuen § 97a Abs. 1 UrhG soll der Verletzte den Verletzer zunächst außergerichtlich abmahnen. 

In Abs. 2 heißt es nach Maßgabe der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses weiter: (2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.

Nach den Grundsätzen über die Kostenpflicht ( § 91 ZPO) muss der Verletzer die Kosten - auch zur Rechtsverfolgung - tragen (so auch 1, S. 39).

  

(4) Strömer, Abmahnungen und Schadenersatzforderungen bei Urheberrechtsverletzungen, rettet-das-internet.de 21.09.2007
 

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Zunächst ist unklar, ob und welche verschiedenen Schwellen das gewerbliche Ausmaß, das erst die Providerauskunft ermöglicht, und der geschäftliche Verkehr haben, wie er in § 97a Abs. 2 UrhG aufgeführt ist.

Außerdem wird zu entscheiden sein, ob die Einholung der gerichtlichen Anordnung und die Abmahnung ein einheitlicher Dienst des Rechtsanwalts oder zwei unterschiedliche. Dann nämlich wären die Kosten aus dem Auskunftsverfahren solche der Rechtsverfolgung und auf den Abgemahnten kämen grob gerechnet folgende Kosten zu (ohne Portoauslagen usw.):

Vergütung des Anwalts 100 €
Kosten der Rechtsverfolgung  
a) Gerichtskosten 200 €
b) Vergütung des Anwalts im gerichtlichen Verfahren (niedrig) 500 €
c) Vergütung des gegnerischen Anwalts im gerichtlichen Verfahren 500 €
d) Gebühren des Providers 40 €
Summe: 1.340 €
 

 
Für Rechtsanwälte dürfte künftig nicht mehr die Abmahnung als solche von finanziellem Interesse sein, sondern das begleitende Auskunftsverfahren sowie die Folgeverfahren gegen die Verletzer wegen der Kostenerstattung.

Die Verletzten ihrerseits werden sich jedoch verstärkt darüber Gedanken machen müssen, ob sich die Risiken der Rechtsverfolgung lohnen. Sie müssen nämlich die Kosten für das gerichtliche Auskunftsverfahren, für ihren und den gegnerischen Rechtsanwalt sowie des Zugangsproviders für die Auskunft vorschießen. Darüber hinaus können sie nicht in jedem Fall sicher sein, ob sie sich mit ihren Ansprüchen durchsetzen und ob der Verletzte dann auch zahlungsfähig ist.

Warum der Gesetzgeber unbedingt und systemwidrig eine erstinstanzliche Zuständigkeit beim Landgericht eingeführt hat, verschließt sich jeder Erkenntnis.
 

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Während § 101 Abs. 1 bis 7 UrhG die Auskunftserteilung wegen ihrer Einzelheiten und Verfahren regelt, enthält Abs. 8 ein strafverfahrensrechtliches Verwertungsverbot wegen des Verletzers und seiner Angehörigen.

Bedeutsam für die Strafverfolgungspraxis ist jedoch die Tatsache, dass der private Auskunftsanspruch gegen Zugangsprovider überhaupt eingeführt wurde. Die Staatsanwaltschaft kann sich künftig darauf beschränken, wirklich gravierende Urheberrechtsverstöße zu verfolgen und kann sich bei Massenanzeigen und Bagatellfällen auch wegen der kostenpflichtigen Provideranfragen zurück halten.

In der bisherigen Praxis war sie aufgrund einer bundesweiten Übereinkunft der Generalstaatsanwälte gehalten, zunächst die Bestandsdaten zu erfragen, bevor sie die Anzeigeerstatter in den geeigneten Fällen auf den Privatklageweg verweisen konnte. Die Kosten für die nach § 113 TKG auskunftspflichtigen Zugangsprovider trug die Allgemeinheit. Das war - trotz mancher Auswüchse - solange hinzunehmen, wie die Verletzten zur Verfolgung ihrer Ansprüche zwingend auf den Erfolg einer Strafanzeige angewiesen waren.

Dafür ist ab dem 01.05.2008 keine Notwendigkeit mehr. Das ist gut so!
 

 
Die Fallzahlen bei den Staatsanwaltschaften werden merkbar zurück gehen. Das ist kein Drama, weil gegen die Überlastung der justiziellen Strafverfolgung seit Jahren und Jahrzehnten nichts Nachhaltiges unternommen wurde. Andere Gesetzesänderungen wie das Hackerstrafrecht und die neuen Verfahrens- und Mitteilungsanforderungen im Ermittlungsverfahren gleichen die Entlastungen mehr als aus.
  

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Unverständlich ist, warum der Gesetzgeber überhaupt und gegen die Forderungen des Bundesrates (1, S. 55; die Bundesländer müssen das Justizpersonal stellen) einen Richtervorbehalt und dann unbedingt eine landgerichtliche Zuständigkeit für die Anordnung eingeführt hat.

Die gerichtliche Entscheidung hätte sich auf Zweifelsfälle beschränken sollen. Wenn marktführende Softwarehersteller, Marken- und sonstige Inhaber von Schutzrechten Verstöße im erheblichen Umfang gegenüber Zugangsprovider behaupten: Worüber sollten sich der Provider und der Schutzrechtinhaber noch streiten oder Zweifel haben? Mit fortschreitender Zeit und Rechtsprechung werden auch die verbleibenden Zweifelsfragen gelöst sein.

Mit dem generellen Richtervorbehalt wird, man möchte meinen: ohne Sinn und Verstand, hochqualifiziertes und nicht gerade kostengünstiges Personal für Entscheidungen gebunden, die man gemeinhin als "Fußwärmer" bezeichnet. Sie sind einfach und schnell zu erledigen und zählen gut im Rahmen der Statistik. Die blanke Masse der Verfahren kann die Justiz jedoch nachhaltig beeinträchtigen.
 


Unnötiger Aufwand wird auch bei den Verletzten und den Zugangsprovidern hervorgerufen, weil sich beide und der Verletzte in aller Regel auch noch einem auswärtigen Gericht stellen müssen.

Der Einzige, der profitieren könnte, ist der Stand der Rechtsanwälte. Doch diese Folge kann sich schnell in ihr Gegenteil verkehren, wenn die Risiken der Rechtsverfolgung so groß werden, dass die Rechteinhaber darauf verzichten. Wirklich erhebliche Fälle werden weiterhin von der Strafverfolgung abgedeckt.

Das übliche Eingangsgericht für die Verfahren nach dem FGG ist das Amtsgericht. FGG-Verfahren betreffen unter anderem menschlich nachhaltige Unterbringungs- und Betreuungssachen, rechtlich und tatsächlich schwierige Entscheidungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder wegen der Hofnachfolge oder dem Altenteil wirtschaftlich brisante Verfahren nach den Höfeordnungen. Alles das kann die dagegen banale Entscheidung über einen Auskunftsanspruch im Hinblick auf Verkehrsdaten nicht für sich in Anspruch nehmen.
 

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Unerwartete und äußerst wertvolle Ausführungen enthält der Regierungsentwurf zur Frage nach den dynamischen IP-Adressen, die bei einer rechtswidrigen Aktion protokolliert werden, indem er die Einwände des Bundesrates referiert. Der Verletzte genau so wie die Strafverfolgungsbehörden können ihnen nur die Identität des Zugangsproviders, dem sie zugewiesen sind, entnehmen, nicht aber die des aktiven Kunden. Dessen Identität kann der Zugangsprovider mit Hilfe von zwei Verkehrsdaten ermitteln, der nummerischen IP-Adresse und dem Zeitpunkt des Handelns nach Maßgabe des Weltzeitstandards ( koordinierte Weltzeit - UTC). Bei jedem Aufruf des Internets weist der Provider dem Kunden eine zufällige, gerade ungenutzte IP-Adresse zu, wobei die Zuweisung auch wechseln kann, während der Kunde auf einer Seite verweilt (und z.B. diesen Artikel liest).

Streitig war und durch die Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenhaltung ( Onlinedurchsuchung) wieder aktuell ist die Frage, ob es sich bei dynamischen IP-Adressen um eine Bestandsdatenabfrage nach § 113 TKG oder um eine Verkehrsdatenabfrage nach § 100g StPO handelt.

Der Bundesrat hat gefordert, dass in das Artikelgesetz in alle betroffenen gewerblichen Schutzgesetze eine Öffnungsklausel eingeführt wird (1, S. 55): Für die Erteilung der Auskunft ist die Weitergabe von Bestandsdaten (§ 3 Nr. 3 des Telekommunikationsgesetzes) zulässig, auch wenn zur Ermittlung der Bestandsdaten intern Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) verarbeitet werden müssen.
 

 
Die Stellungnahme des Bundestages differenziert vorsichtig und lässt erkennen, dass er auch die Frage nach den dynamischen IP-Adressen als Bestandsdatenabfrage betrachtet (1, S. 56; siehe unten).

Dem entgegnet die Bundesregierung unter Hinweis auf geltendes Recht, das irgendwie nicht wahrgenommen wurde. Der seit Frühjahr 2007 geltende § 14 Abs. 2 TMG erweitert die Definition der Bestandsdaten wegen ihrer Abhängigkeit von Verkehrsdaten und klärt alle Zweifel:

(2) Auf Anordnung der zuständigen Stellen darf der Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist.

Wegen der vorausgegangenen Diskussion in der Rechtsprechung und Literatur sind die Ausführungen des Bundesrates höchst lesenswert (1, S. 56):
 

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Unstreitig unterfällt die Herausgabe von Bestandsdaten nicht dem Fernmeldegeheimnis und wird daher als problemlos angesehen. Dies gilt für die Anschrift des Inhabers einer bestimmten Telefonnummer, dies gilt aber auch für die Bekanntgabe von Namen und Anschrift der Person, der eine feste, so genannte statische IP-Adresse vom Internet-Serviceprovider zugeordnet wurde. Die hier gegenständliche Problematik liegt nur an der Tatsache, dass die Internet-Serviceprovider normalen Internet-Nutzern bei jeder Einwahl eine neue IP-Adresse zuordnen, was allein technische (Kapazitäts-)Gründe hat. Um dieser dynamischen IP-Adresse einen Namen zuordnen zu können, ist daher die Kenntnis der Verbindungsdaten erforderlich. In diesen Fällen erteilt der Internet-Serviceprovider aber keine Auskunft über diese Verbindungsdaten, sondern nur über die Bestandsdaten. Die Verbindungsdaten werden ihm vielmehr vom Anfragenden bereits mitgeteilt. Die Anfrage beinhaltet notwendig die Angabe, welche IP-Adresse zu welcher Zeit über welchen Internet-Serviceprovider mit welchem Host-Provider verbunden war. Diese Verbindungsdaten kennt der Anfragende bereits. Allerdings muss der Internet-Serviceprovider, um diesen Verbindungsdaten die gewünschten Bestandsdaten zuordnen zu können, seinerseits in den bei ihm gespeicherten Verbindungsdaten nachschauen, um festzustellen, welcher Person zu der angefragten Zeit die benannte IP-Adresse zugeordnet war.
 

 
Die Rechtsprechung hat in einer Reihe von Entscheidungen, die zu strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ergangen sind, die Ansicht vertreten, dass die begehrte Auskunftserteilung über Name und Anschrift des hinter der von dem Provider zu einem bestimmten Zeitpunkt vergebenen dynamischen IP-Adresse stehenden Endgerätenutzers nicht den grundrechtlich geschützten Bereich des Fernmeldegeheimnisses berührt, sondern sich lediglich als ein auf die Mitteilung von Bestandsdaten im Sinne des § 3 Nr. 3 TKG gerichtetes Verlangen erweist (vgl. LG Stuttgart, Beschluss vom 4. Januar 2005 – 13 Qs 89/04 –, NJW 2005, 614 ff.; LG Hamburg, Beschluss vom 23. Juni 2005 – 631 Qs 43/05 –, MMR 2005, 711 ff.). Auch wenn man der Gegenauffassung folgen wollte (vgl. LG Bonn, Beschluss vom 21. Mai 2004 – 31 Qs 65/04 –, DuD 2004, 628 f.), so dürfte es sich bei der Auskunftserteilung in den hier einschlägigen Fällen jedenfalls nur um einen wenig intensiven Eingriff in das Fernmeldegeheimnis handeln, der einen Richtervorbehalt nicht notwendig erscheinen lässt.
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018