Cybercrime | Ermittlungen | TK & Internet | Literatur | intern | Impressum |
April 2009 |
|
|
||||||
bloßes Gerede und unfundierte Entrüstung |
|
Eine Studie der Uni Bielefeld (2) hat 2002 554 Telefonüberwachungen aus 173 Strafverfahren aus den Jahren 1996 bis 1998 aus ausgewählten Bezirken auf formelle Fehler untersucht und im großen Umfang gefunden. Auf Seite 3 heißt es jedoch, dass die Untersuchung keine quantitativen oder repräsentativen Aussagen für das gesamte Bundesgebiet machen kann. Die Untersuchung hat einen begrenzten Untersuchungsumfang und Aussagewert und beruht auf zehn Jahre alten Vorgängen. Was will sie uns heute sagen? Der zweite Beleg ist ein Zitat aus dem Spiegel aus 2007 ohne Quellenangabe: Das BVerfG habe in den vergangenen beiden Jahren den leichtfertigen Umgang seitens der Staatsanwaltschaft und des Ermittlungsrichters bei der Ausstellung von Durchsuchungsbeschlüssen. Die Zurechtweisung der Tatsachengerichte durch den BGH und das BVerfG
in Bezug auf Durchsuchungen und Beschlagnahmen beobachte ich seit den
90er Jahren. Der Tenor dabei ist: Benennt die Fakten und bewertet sie
professionell
(siehe
Verdacht). |
Jüngst hat das BVerfG zur nachträglichen Überprüfung von Durchsuchungsanordnungen und der gebotenen Begründungstiefe Stellung genommen und moderate Worte gefunden (4). Wenn schon die analytische Basis nicht passt, dann müssen sauber recherchierte Fallbeispiele her. Twister bezieht sich insoweit auf drei nichtssagende Blog-Eintragungen bei Rechtsanwalt Udo Vetter und die Durchsuchung bei einem Journalisten. Das Fazit ist für Twister ganz klar: Da Hausdurchsuchungen zunehmend wenig begründet stattfinden, zeitgleich aber immer mehr Menschen (gerade auch im Niedriglohnbereich) auf Heimarbeit/Telearbeit angewiesen sind, ist somit eine Haus"durchsuchung" existenzbedrohend. Dazu kommt, dass, selbst wenn die HD nachträglich für illegal erklärt wird, die Anwaltskosten nur teilweise erstattet werden ...
Wer macht hier bloßes Gerede? |
|
Twister. Sie nerven allmählich! | |||
Unbelehrbar, weil sie wieder auf die unpassende, überholte und unzutreffende Studie verweist (6). Resistent, weil sie keinen Unterschied zwischen Einzelfallprüfung und Fließbandarbeit sieht und deshalb diskussionswürdige Argumente abwatscht (7). Und blindwütig, weil sie ernsthaft die Phrase einsetzt, ein Richter könne tatsächlich täglich 2.500 (schriftlich begründete!) Entscheidungen über grundrechtsrelevante Eingriffe treffen. Will ein Richter somit also dem nachkommen, was seine Aufgabe ist, dann muss er hier Rückgrat beweisen und sich die Zeit für die notwendige Prüfung nehmen, auch wenn dies bedeutet, dass so pro Tag statt 2500 nur 250 Anträge bearbeitet werden können (oder gar weniger). Wollen wir 'mal irgendwie wieder auf die sachliche Ebene
zurückkehren? |
|||
Anmerkungen | |||
(2) Otto Backes u.a., Wirksamkeitsbedingungen von Richtervorbehalten bei Telefonüberwachungen, Uni Bielefeld Dezember 2002
(3)
Anfangsverdacht;
(4)
hinterher weiß man's besser;
|
(6) (2)
(7)
Forumsbeitrag, Konsequenz? Telepolis 08.04.2009 |
||
Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |