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April 2009
11.04.2009 Durchsuchung
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift bloßes Gerede und unfundierte Entrüstung
 

 
Twisters neuer Rundumschlag richtet sich gegen Durchsuchungen und lässt nicht recht erkennen, auf was sie hinaus will (1). Sie kritisiert den Begriff "Hausdurchsuchung" als Schönrederei (Euphemismus) und den Richtervorbehalt als Feigenblatt. Als Beleg dafür reichen ihr zwei Quellen:

Eine Studie der Uni Bielefeld (2) hat 2002 554 Telefonüberwachungen aus 173 Strafverfahren aus den Jahren 1996 bis 1998 aus ausgewählten Bezirken auf formelle Fehler untersucht und im großen Umfang gefunden. Auf Seite 3 heißt es jedoch, dass die Untersuchung keine quantitativen oder repräsentativen Aussagen für das gesamte Bundesgebiet machen kann.

Die Untersuchung hat einen begrenzten Untersuchungsumfang und Aussagewert und beruht auf zehn Jahre alten Vorgängen. Was will sie uns heute sagen?

Der zweite Beleg ist ein Zitat aus dem Spiegel aus 2007 ohne Quellenangabe: Das BVerfG habe in den vergangenen beiden Jahren den leichtfertigen Umgang seitens der Staatsanwaltschaft und des Ermittlungsrichters bei der Ausstellung von Durchsuchungsbeschlüssen.

Die Zurechtweisung der Tatsachengerichte durch den BGH und das BVerfG in Bezug auf Durchsuchungen und Beschlagnahmen beobachte ich seit den 90er Jahren. Der Tenor dabei ist: Benennt die Fakten und bewertet sie professionell (siehe Verdacht).
 

 
2007 hat das BVerfG herrlich unverblümt ausgeführt: Bloßes Gerede, nicht überprüfte Gerüchte und Vermutungen reichen nicht. (3) Das schrieb das BVerfG im Zusammenhang mit den deutlich höheren Begründungsanforderungen im Zusammenhang mit der TKÜ beim Nachrichtenmittler, kann aber auf alle Formen und Stufen der Verdachtsprüfung übertragen werden.

Jüngst hat das BVerfG zur nachträglichen Überprüfung von Durchsuchungsanordnungen und der gebotenen Begründungstiefe Stellung genommen und moderate Worte gefunden (4).

Wenn schon die analytische Basis nicht passt, dann müssen sauber recherchierte Fallbeispiele her. Twister bezieht sich insoweit auf drei nichtssagende Blog-Eintragungen bei Rechtsanwalt Udo Vetter und die Durchsuchung bei einem Journalisten.

Das Fazit ist für Twister ganz klar: Da Hausdurchsuchungen zunehmend wenig begründet stattfinden, zeitgleich aber immer mehr Menschen (gerade auch im Niedriglohnbereich) auf Heimarbeit/Telearbeit angewiesen sind, ist somit eine Haus"durchsuchung" existenzbedrohend. Dazu kommt, dass, selbst wenn die HD nachträglich für illegal erklärt wird, die Anwaltskosten nur teilweise erstattet werden ...

Wer macht hier bloßes Gerede?
 

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Unbelehrbar, resistent und blindwütig setzt Twister ihren Unglimpf fort (5).

Unbelehrbar, weil sie wieder auf die unpassende, überholte und unzutreffende Studie verweist (6). Resistent, weil sie keinen Unterschied zwischen Einzelfallprüfung und Fließbandarbeit sieht und deshalb diskussionswürdige Argumente abwatscht (7). Und blindwütig, weil sie ernsthaft die Phrase einsetzt, ein Richter könne tatsächlich täglich 2.500 (schriftlich begründete!) Entscheidungen über grundrechtsrelevante Eingriffe treffen.

Will ein Richter somit also dem nachkommen, was seine Aufgabe ist, dann muss er hier Rückgrat beweisen und sich die Zeit für die notwendige Prüfung nehmen, auch wenn dies bedeutet, dass so pro Tag statt 2500 nur 250 Anträge bearbeitet werden können (oder gar weniger).

Wollen wir 'mal irgendwie wieder auf die sachliche Ebene zurückkehren?
 

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(1) Twister (Bettina Winsemann),  Euphemismus Hausdurchsuchung, Telepolis 08.04.2009

(2) Otto Backes u.a., Wirksamkeitsbedingungen von Richtervorbehalten bei Telefonüberwachungen, Uni Bielefeld Dezember 2002

(3) Anfangsverdacht;
BVerfG, Beschluss vom 30.04.2007 - 2 BvR 2151/06

(4) hinterher weiß man's besser;
siehe auch BVerfG. Interessante Nebenentscheidungen


 

 
(5) Twister (Bettina Winsemann), Verantwortung? Dafür ist keine Zeit, Telepolis 21.04.2009

(6) (2)

(7) Forumsbeitrag, Konsequenz? Telepolis 08.04.2009
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018