Das
Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes fordert - nicht zuletzt im Interesse des
Beschuldigten - die angemessene Beschleunigung des Strafverfahrens. Eine von
den Strafverfolgungsorganen zu verantwortende erhebliche Verzögerung des
Strafverfahrens verletzt den Beschuldigten in seinem Recht auf ein faires
rechtsstaatliches Verfahren (vgl. BVerfGE 63, 45 <69> ; Beschluss des
Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts <Vorprüfungsausschuss> vom 24.
November 1983 - 2 BvR 121/83 -, NJW 1984, S. 967). <Rn 32> |
Reichen die
gesetzlich bestehenden Möglichkeiten in Fällen, in denen das Ausmaß der
Verfahrensverzögerung besonders schwer wiegt und zu besonderen Belastungen
des Betroffenen geführt hat, nicht aus, kommt die Einstellung wegen eines
von Verfassungs wegen anzunehmenden Verfahrenshindernisses in Betracht
<Rn 35> |
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Bei überlangen Verfahrensdauern sieht das BVerfG die Fachgerichte in der
Pflicht, die Gründe für die Dauer festzustellen und dann, wenn
Versäumnisse der Rechtspflege zugrunde liegen, mit den Mitteln des
Verfahrensrechts einen Ausgleich zu schaffen (Verfahrenseinstellung
wegen geringer Schuld, Verwarnung mit Strafvorbehalt). Ausnahmsweise
kann das gehen bis hin zu einer Verfahrenseinstellung
wegen eines
von Verfassungs wegen anzunehmenden Verfahrenshindernisses.
BVerfG,
Beschluss vom 25.03.2003 - 2 BvR 153/03
Das neueste Mittel zur Kompensation von Grundrechtseinbußen hat der BGH
mit der
Vollstreckungslösung geschaffen.
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Art.
19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und
möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen
Gewalt (...). Die in
Art.
19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in
erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen
dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen
kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne
gerichtliche Prüfung zu tragen hat (...). ... <Rn 20> |
Hiervon muss
sich das Rechtsmittelgericht bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob
im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes
Rechtsmittel ein Rechtsschutzinteresse besteht. Trotz Erledigung des
ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher
Entscheidung fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der
Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist. ...
<Rn 21> |
Andererseits
ist es grundsätzlich mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu
gewährleisten, vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen
und fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen (...). Es ist
ein allgemein anerkanntes Rechtsprinzip, dass jede an einen Antrag gebundene
gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt (...). ...
<Rn 22> |
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Das Grundrecht auf einen effektiven Rechtsschutz gilt auf für solche
Eingriffsentscheidungen und -maßnahmen, die durch ihren Vollzug
abgeschlossen sind (zum Beispiel
Durchsuchungen),
wenn das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen fortdauert.
Damit setzt sich das BVerfG gegen eine frühere Rechtsprechungslinie der
Strafgerichte, die jedenfalls im Zusammenhang mit Durchsuchungsbeschlüssen
grundsätzlich von einer "prozessualen Überholung" ausgingen, sobald die
Durchsuchung als solche abgeschlossen war.
BVerfG, Beschluss vom 14.12.2004 - 2 BvR 1451/04 |
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